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Brief von Karl August Varnhagen von Ense an Helmina von Chézy

Berlin, 7. Oktober 1854
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 47 Chézy Helmina von, Bl. 739-740 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Karl August Varnhagen von Ense
Empfänger/-in
Helmina von Chézy
Datierung
7. Oktober 1854
Absendeort
Berlin
Empfangsort
Genf
Umfang
2 Blätter
Abmessungen
Breite: 140 mm; Höhe: 210 mm
Foliierung
Foliierung in Bleistift durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Jadwiga Kita-Huber; Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „739r“

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[Karl August Varnhagen]An Helmina von Chézy.
7. Oktober, 1854
Verehrte Freundin!

Ihr Brief vom 3. Dieses trifft mich leider krank
und aller geschäftlichen Betriebsamkeit unfähig, indem
ich weder ausgehen und Menschen zu mündlicher Besprechung
aufsuchen, noch so viel schreiben kann, um jenes auch
nur annähernd ersetzen! Zu diesem augenblicklichen
Mißgeschicke kommt nun noch der Übelstand, daß ich von
jeher dem Bühnenwesen fremd geblieben, und seit vielen
Jahren auch dem Hofe völlig fremd geworden bin; in
dieser Lage sehe ich leider nach keiner Seite einen mir
offenen Weg, auf dem ich Ihre Angelegenheit mit nach-
haltiger Kraft führen und fördern könnte.
Daß ich alles,
was in meinem Bereiche liegt, mit Freuden dafür aufbieten
werde, versteht sich von selbst; ich würde mir jede Versäum-
niß hierin zum entschiedenen Vorwürfe machen; und Sie
können versichert sein, daß ich unausgesetzt in diesem
Sinn aufmerksam und thätig bin, so sehr ich es vermag!
Soviel ich die Sache beurtheilen kann, so wäre Hr Mayer-
beer
der Mann, der das Ganze in die Hand nehmen und
durchsetzen könnte; ich sehe ihn aber nie! – 
Die Zeitläufte wirken auch grade jetzt nicht günstig;
der Krieg
, die Noth Schlesiens, die bange Aussicht in die
nächste Zukunft, alles bedrängt die Gemüther. Doch
wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben; es können auch
gute Augenblicke kommen und benutzt werden. – 
Ich las dieser Tage im Bette wieder einmal in den
Memoiren
der Frau von Genlis; da freut es mich doppelt,
daß die Ihrigen in gutem Fortschreiten sind. Noch eine

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litterarische Frage: Sie haben einst in Paris dem
Hrn Achim von Arnim die Gedichte der Klotilde von
Surville
geschenkt, er Ihnen in Versen darauf geant-
wortet; fände sich unter Ihren Papieren wohl noch
dieses Gedicht
an Sie? Seine gesammelten Poesieen

sollen gedruckt werden, und es wäre hübsch, wenn
das Gedicht an Sie nicht fehlte; aus dem durchbesserten
Entwurf ist es nicht mehr zu entziffern, und nur dieser
ist vorhanden. – 
Leben Sie wohl! Ich muß abbrechen, und mich wie-
der hinlegen. Ich habe Sie nur nicht ohne Antwort lassen
wollen! Bleiben Sie meiner hochachtungsvollster an-
hänglichsten Gesinnungen unwandelbar versichert!
Ihr ergebenster Varnhagen von Ense.
Berlin, den 7. Oktober
1854.

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