DE | EN

Karoline von Woltmann

Karoline von Woltmann ist die älteste Tochter des Arztes und späteren preußischen Geheimrates Karl Wilhelm Stosch und seiner Frau Anne Auguste Caroline Stosch, geb. Hönig. Da das Mädchen als sehr intelligent gilt, bemühen sich ihre Eltern, ihr eine entsprechend gute Bildung zu sichern. Im Zentrum ihrer Interessen steht schon früh die Literatur, eine Neigung, in der sie von ihren Eltern unterstützt wird. Unter ihren zahlreichen Geschwistern ist besonders die jüngere Schwester Marie (1791–1857) für sie wichtig.

Mit 17 heiratet Karoline Stosch den etwa doppelt so alten Kriegsrat und Dichter Karl Müchler (1763–1857) – die Ehe wurde angebahnt, weil die Eltern Karolines hofften, dass ein schreibender Ehemann für die literarische Entwicklung der Tochter förderlich sein würde. Trotz dieser Hoffnungen wird die Ehe bereits 1804 geschieden.

Kurz nach der Scheidung trifft Karoline den Historiker, Schriftsteller und Diplomaten Karl Ludwig (ab 1805: von) Woltmann (1770–1817), der 1805 ihr zweiter Ehemann wird. Den Zeugnissen zufolge ist es eine harmonische Ehe, in der die Eheleute ihren literarischen und wissenschaftlichen Interessen gemeinsam nachgehen und eine bemerkenswerte Form der literarischen Zusammenarbeit entwickeln. Viele Erzählungen sind Gemeinschaftswerke des Paares. Karoline hilft auch engagiert bei den selbständigen Arbeiten ihres Ehemannes, der ihr in den letzten Jahren seiner Krankheit, 1815–1817, seine Schriften diktiert.

In der Zeit der Napoleonischen Kriege beginnen die finanziellen Probleme der Familie. Karl Ludwig von Woltmann verliert aufgrund der veränderten politischen Situation einen großen Teil seiner Einkünfte, eine neue Anstellung als Diplomat, diesmal in preußischen Diensten, zu finden, erweist sich gleichfalls als problematisch. Angesichts der gespannten Kriegssituation in Preußen ziehen die Woltmanns 1813 nach Prag, wo sie sich schnell einleben. Karl Ludwig arbeitet an einem historischen Werk über die Geschichte Böhmens, während Karoline die Volkssagen der Böhmen bearbeitet.

Es ist nicht auszuschließen, dass wachsende gesundheitliche Probleme Karl Ludwig von Woltmanns auch auf die verschlechterte finanzielle und berufliche Lage zurückzuführen sind. Das Leben Karoline von Woltmanns ist stark von den andauernden Leiden ihres Ehemannes geprägt, sein Tod am 19. Juni 1817 in Prag bildet einen Wendepunkt in ihrem Leben (sie ist bereits 35 Jahre alt). Um die Zeit von Karl Ludwigs Tod nimmt Karoline von Woltmann ein Kind, Marie, an, deren Erziehung nicht ganz unproblematisch verläuft.

Die Hauptbeschäftigung Karolines als Witwe ist die unermüdliche Arbeit an der Herausgabe der „Sämmtlichen Werke“ ihres Ehemannes, die sie zu einem beträchtlichen Teil umsetzen kann. Die Bemühung darum, sein Gedächtnis aufrechtzuerhalten, ist auch eines der wiederkehrenden Themen in ihrer Korrespondenz. Aus ihren Aussagen geht hervor, dass sie von der großen Bedeutung Karl Ludwigs für die Nachwelt überzeugt ist und darunter leidet, dass er von seinen Zeitgenossen verkannt wird. Dass die Herausgabe seiner Werke auch dazu dient, Schulden zu tilgen, steht auf einem anderen Blatt. Wegen dieser Tätigkeit bleibt Karoline in Kontakt mit dem Verlag Deutsches Museum in Leipzig.

1820 setzt eine der wichtigen Korrespondenzen Woltmanns ein, ihr Briefwechsel mit der Schriftstellerin Therese Huber (1764–1829). Seit 1824 gibt Karoline von Woltmann in Prag die kurzlebige Zeitschrift „Der Kranz“ in Zusammenarbeit mit Wolfgang Adolph Gerle heraus. 1826 verlässt sie Prag und kehrt nach Berlin zurück, wo sie bis zu ihrem Tode bleibt. In dieser Zeit unternimmt sie Reisen in die Schweiz und nach Italien.

Karoline von Woltmann, die auch das Pseudonym Luise Berg benutzt, ist Autorin von Romanen, wie z.B. „Euphrosyne“, „Maria und Walpurgis“, von Gedichten, Rezensionen und Übersetzungen aus dem Englischen sowie essayistischen Formen: „Ueber Natur, Bestimmung, Tugend und Bildung der Frauen“ (1826). Sie interessiert sich für Geschichte und Philosophie, in den Briefen stellt sie manchmal geschichtsphilosophische Überlegungen an. Besonderes Interesse entwickelt sie auch für die Volkssagen der Böhmen (vgl. „Volkssagen der Böhmen“ 1815, „Neue Volkssagen der Böhmen“ 1821).

Agnieszka Sowa

Literatur

Brigitte Leuschner:
„Einführung. Ein Diskurs über Schreiben und Leben in paralleler Lebenssituation“. In: Dies. (Hrsg.): Der Briefwechsel zwischen Therese Huber (1764–1829) und Karoline von Woltmann (1782–1847). Ein Diskurs über Schreiben und Leben.
Marburg 1999, S. 5–18.

Sabine Schmidt:
„Woltmann, Karoline von“. In: Lexikon deutschsprachiger Epik und Dramatik von Autorinnen (1730–1900). Hrsg. von Gudrun Loster-Schneider und Gaby Pailer.
Tübingen 2006, S. 465–469.

Karl Ludwig von Woltmann:
„Selbstbiographie“. In: Ders.: Sämmtliche Werke. Bd. 1. Hrsg. von seiner Frau.
Leipzig: Deutsches Museum 1818, S. 13–90.