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Brief von Charlotte von Ahlefeld an Helmina von Chézy

Weimar, 2. Mai 1845
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 1 Ahlefeld Charlotte von, Bl. 24-26 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Charlotte von Ahlefeld
Empfänger/-in
Helmina von Chézy
Datierung
2. Mai 1845
Absendeort
Weimar
Empfangsort
Umfang
3 Blätter
Abmessungen
Breite: 120 mm; Höhe: 170 mm
Foliierung
Foliierung in Bleistift durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Renata Dampc-Jarosz; XML-Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „24r“

24

[Karl August Varnhagen]Charlotte von Ahlefeld an Fr. Chézy.
Weimar, den 2ten Mai 45
Meine geliebte unvergeßliche Freundin, betrachten
Sie diesen Brief nur als einen Liebesgruß
der Ihnen für den Ihrigen
danken will, aber
nur höchst flüchtig sich aussprechen darf. Denn
seit Monaten von einer schmerzlichen Augen-
entzündung befallen, ist diese zwar gehoben,
aber in ihren Folgen so peinlich, daß ich
nur mit Mühe, Schmerz und Gefahr lesen
und schreiben darf. Dies sind nun gerade
meine Lieblingsbeschäftigungen – denken
Sie Sich diese Qual. Wie traurig, daß
mein langer Brief – ganz aus dem Herzen
– verloren gegangen ist. Ich vertraute
ihn Maltiz Besorgung, weiß aber nichts wei-
ter davon, als daß er mir gesagt, Sie
hätten ihn nicht bekommen. Hoffentlich bestellt
[Charlotte von Ahlefeld]Von Ihren Kindern hörte ich auch gern recht viel. Ich sehe sie noch immer als schöne
Knaben vor mir. Ach – seitdem sind sie Männer geworden.

Seite „24v“

er diesen sicherer, wiewohl an diesem
weniger verloren wäre. Wie sehne ich
mich, Sie einmal wieder zu sehn – auch geb ich
die Hoffnung nicht auf. Vorigen Herbst kam ich
durch Heidelberg.
Wenn Sie da schon da gewe-
sen wären, wie hätte es mich glüklich gemacht.
Nun nur das Nöthigste. Ich habe während dieser
Zeilen schon dreimal die schwachen Augen
ausruhen müßen, und freue mich, bald zu
reisen, obgleich diese Reise nicht eben sehr
genußvoll seyn wird. Ich betrachte sie als eine
Pflichterfüllung, denn eine sehr kränkliche
Freundin in Niederschlesien, die ich in Karls-
bad
kennen lernte, und die mir unendlich
viel Liebe u. Güte erwies, wünscht sehnlich
meinen Besuch, und erleichtert ihn mir auf
alle Weise, da sie meine Lage kennt, und
daher wohl weiß, wie beschränkt ich in dieser
Hinsicht bin. Niederschlesien ist ein ödes Land,
[Charlotte von Ahlefeld]Ich umarme Sie in treuer Herzlichkeit. Für immer Ihre CharlotteA

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flach und formlos, eine wahre Steppe, wo unge-
heure Leinwandbleichen wie Schneegefilde
das Auge blenden, und kein Baum Schatten
giebt, da alle Jährlich auf das Heilloseste ver-
stümmelt werden. Man beraubt sie nemlich
aller ihrer Zweige, die im Winter zum Schaaf-
futter dienen. Ich war schon dreimal dort, aber
es ist mir ein wahres Opfer. Von da gehe
ich nach Karlsbad, wo ich in den schönen Wäl-
dern und in der erquickenden Bergluft wie-
der ein wenig zu gedeihen hoffe. Im Spät-
sommer komme ich auf kurze Zeit hieher zu-
rück, um dann zu meiner Schwester auf
das nur einige Meilen entfernte Gut
ihres
Sohnes
zu gehn, wo ich bis Anfang Winters
bleibe, und dann nach Weimar zurückkehre.
Sie erwähnen eines falschen Geschöpfs, das Ihnen
mit Undank (wie so manche) Ihre Güte lohnte.
Hätten Sie sie doch mir genannt; ich habe hin und
her gerathen, aber vergebens. Sollte es die Krau-
se
seyn, die sich damals in Dresden u. Tharant
[Charlotte von Ahlefeld]Wenn Sie Maltiz wieder schreiben, so legen Sie doch ja einen Brief an mich ein.
Er wird schon Mittel u. Wege wissen, ihn mir zu senden.

Seite „25v“

aufhielt? Lösen Sie mir das Räthsel, und sagen Sie
mir das Nähere. Auf meine Verschwiegenheit können
Sie rechnen. Die holde Fanny Tarnow, die auch
so schändlich an Ihnen handelte, habe ich seit-
dem mit wahrempfundener Verachtung behan-
delt, und ihr fühlen lassen, weswegen.
Was die Engländerin mit den deutschen Schrift-
stellerinnen anfangen will,
ist mir einerlei, wenn
sie nur mich Unbedeutende aus dem Spiele
ließe. Im tiefen Schatten ist mir am wohlsten.
Doch da Sie wissen wollen, was ich seit 19
geschrieben, lege ich die Liste bei;
ob ich eins
oder das andere vergessen habe, weiß ich nicht.
Meine armseligen Reimereien habe ich nicht zur
Hand u. könnte und dürfte auch jezt nichts abschreiben.
Jezt habe ich seit einer Reise vor Jahren gar nichts
geschrieben. Ich muß aufhören, den im eigentlich
sten Sinn kann ich nicht mehr. In fremder Luft
u. bei steter Bewegung ohne Anstrengung wird’s
beßer mit mir werden, u. daher freu ich mich auf
die Reise. Adieu meine liebe theure Helmina.
[Charlotte von Ahlefeld]mein Herz bleibt Ihnen stets treu ergeben u. nur das Ihrige. Ich reise
in der Mitte dieses Monats.

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Seit 1819
Erna.

Der Bote von Jerusalem.

Friedchen.

Der Mohrenknabe.

Reise in das südliche
Deutschland u. Tyrol.

Amadea.

Die Frau von 40 Jahren.

Römhildsstift.

Der Stab der Pflicht.

Felicitas.

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