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Dresden

Topographische Erklärung des Panorama von Dresden. – [S.l.]: Geb. Blödner, [um 1830]. – 1 Panorama: kolor. Stich; Blattgr. 33 x 39 cm, gefaltet (Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Kartensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: SLUB/KS B3485).

Dresden ist nicht als Literaturstadt, sondern vor allem als Kunst-, Kultur- und Landschaftsstadt bekannt. Zu Dresdens Literaturszene im 18. und 19. Jahrhundert existieren bisher nur wenige Forschungsbeiträge. Betrachtet man die schmale Forschungsgrundlage wird deutlich, dass Dresden vor allem männlich konnotiert wird. Als wohl bekannteste Beispiele dürfen Ludwig Tieck, Heinrich von Kleist und Carl August Böttiger gelten. Aber auch in diesem Bereich sind noch Desiderate der Forschung zu finden. Die Biographien und das literarische Schaffen vieler in Dresden ansässiger Schriftsteller ist nur wenig erforscht. Beispielhaft sind Johann Friedrich Kind, Karl Gottfried Theodor Winkler und Ernst von der Malsburg zu nennen.

Ein Blick in die Korrespondenzen und Lebenserinnerungen der acht ausgewählten Schriftstellerinnen zeichnet allerdings ein anderes Bild, welches der Forschung bis dato nicht bekannt scheint. Gerade in den Jahren ab 1815 bis in die 1820er Jahre hinein lebten eine Vielzahl an Schriftstellerinnen in Dresden – teils dauerhaft, teils nur für kürzere Zeit. Sie verfassten dort Werke und waren Mitglieder von literarischen Zirkeln, wie dem Dresdner Lieder-Kreis, in dessen Zentrum die Präsentation eigener verfasster Werke stand. Männer wie Frauen hatten Zutritt. Der Dresdner Lieder-Kreis diente damit auch als Kontaktzentrale und unterstützte vor allem den Auf- und Ausbau netzwerkartiger Strukturen schreibender Frauen. Eines der Mitglieder war Helmina von Chézy, die seit Oktober 1817 in Dresden lebte. Sie nahm für einige Jahre eine auffällig zentrale Position im literarischen Milieu Dresdens ein. In ihrer Autobiographie benennt und beschreibt sie ihre regionalen Kontakte zu Schriftstellerinnen, zu denen, Fanny Tarnow, Henriette Emilie Hübner, Amalie Curtius, Philippine von Calenberg, Karoline Pierson, Wilhelmine Gensicken, Wilhelmine Spazier, Wilhelmine von Gersdorf, Pauline von Brochowska und Therese aus dem Winckel gehörten. Ergänzt wurde dieser Kreis durch wiederholte Aufenthalte der Schriftstellerinnen Amalie von Voigt, Charlotte von Ahlefeldt, Louise Brachmann, Wilhelmine Lorenz, Agnes Franz und Elise von Hohenhausen, mit denen Helmina von Chézy auch in brieflichem Kontakt stand. Sie bezeichnet die in der Elbestadt ansässigen schreibenden Frauen als „interessante begabte Bewohnerinnen Dresdens“ und „ausgezeichnete Frauen“, die „der Poesie hold waren“ und spricht von „den vielen begabten Dichterinnen, die sich mühsam und heldenmüthig von unharmonischen Verbindungen losrungen […]“ (Chézy, Helmina von: Unvergessen. Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Helmina von Chézy. Band 2. Leipzig: F. A. Brockhaus 1858, S. 234–235).

Die Beobachtungen der Schriftstellerinnen in Dresden und Helmina von Chézys Kontakte zu ihnen lassen sich in den Zeitraum von ca. 1815 bis 1825 einordnen. Beide Zäsuren sind durch personelle Veränderungen geprägt: 1815 wurde der Dresdner Lieder-Kreis gegründet, der die Dresdner Abend-Zeitung als Publikationsorgan zur Vermittlung seines literaturästhetischen Programms nutzte und damit an Attraktivität gewann. Mitte der 1820er Jahre nahm diese Popularität jedoch wieder ab. Mehrere Mitglieder des Lieder-Kreises und zugleich Freunde von Helmina von Chézy waren bereits gestorben. Zu diesen zählten Louise Brachmann (†1822), Wilhelmine Gensicken (†1822), Ernst von der Malsburg (†1824) und Otto Heinrich von Loeben (†1825). Aufgrund dieser Todesfälle verließen auch einige Schriftsteller*innen Dresden, wie beispielsweise Philippine von Calenberg. Helmina von Chézy selbst verließ 1823 die Elbestadt.

Betty Brux-Pinkwart
Topographische Erklärung des Panorama von Dresden. – [S.l.]: Geb. Blödner, [um 1830]. – 1 Panorama: kolor. Stich; Blattgr. 33 x 39 cm, gefaltet (Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Kartensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: SLUB/KS B3485).

Literatur

Helmina von Chézy:
Unvergessenes. Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Helmina von Chézy. 2 Bde.
Leipzig: F. A. Brockhaus 1858.

Dirk Hempel:
Literarische Vereine in Dresden. Kulturelle Praxis und politische Orientierung des Bürgertums im 19. Jahrhunderts.
Tübingen 2008.