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Notizen zu Helmina von Chézy

[Berlin], o. D. - Karl August Varnhagen von Ense
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 47 Chézy Helmina von, Bl. 2-8
Umfang
7 Blätter
Abmessungen
Breite: 90 mm; Höhe: 155 mm
Foliierung
Foliierung in Bleistift durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Jadwiga Kita-Huber; XML-Korrektur durch Simona Noreik
Erstdruck
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „2r“

2

[Karl August Varnhagen]Helmina von Chezy geb. von Klencke.

Im Dezember 1798 zu Berlin
wurden der Frau von Genlis ar-
tige Blumenmahlereien von Hel-
minens Arbeit gezeigt; Frau von
Genlis machte auf dieselben fol-
gende Verse aus dem Stegreif:

à Mlle de Klencke.

Une main de quinze ans nuança
ces couleurs.
Elle eût la nature pour maître,
Et quand elle créa ces fleurs,
Malgré l’hiver et ses rigueurs,
C’est le printemps qui les fit naître.

Gleim wollte diese Verse übersetzen,
machte dafür aber die folgenden eignen:

Seite „2v“

Die Natur, die große
Blumenmahlerin,
Hatte dich auf ihrem Schoße,
Kindchen, sagte sie, nimm hin,
Und sie gab dir mit dem Segen
Farb’ und Pinsel in die Hand,
Mahle, sprach sie, und du mahltest
Blumen, fast so schön wie sie!

Seite „3r“

3

Chézy.
Er sagte zu seiner Frau, Ja ja, ihr
Gesicht sei recht schön, aber ihr Körper
gar nicht, der sei zu breit und gleiche
einer Wanze! – 
Nach dem vertraulichsten Zusammen-
sein sagte er ihr einst: „Cela est bel
et bon, mais pourtant je ne t’aime
pas.
“ Der Sinnenreiz, durch den sie
ihn angezogen, war schnell verschwunden,
und die Eigenschaften, die ihn hätten
fesseln können, fehlten ihr.
Unordnung und Unreinlichkeit mach-
ten ihm das Zusammenleben zuletzt ganz
unerträglich.

Als er sich von der Frau trennte, hatte
er bereits eine vertrauliche Verbindung
mit seiner Wirthin Therese; das Verhält-
niß dauerte bis an seinen Tod.
Er hinterließ nur von einige tausend
Franken; seine Bücher, und nicht weniger
seine Haushaltung, ließen ihn zu keinem
Ersparen kommen.

Seite „3v“

Seite „4r“

4

Helmina von Chézy.
Sie war mit der Heirath ihres Sohnes Wilhelm
sehr unzufrieden. Die Frau war allerdings von
gemeiner Herkunft und gemeinem Sinn, ohne alle
Bildung, und von beflecktem Sittenruf. Helmina
war ihrerseits freigebig mit Schimpfworten, und
zankte beständig in gemeinster Weise mit dem
Gesinde, zu dem ihre Schwiegertochter gehört hatte.
Mancherlei Reibungen waren schon vorgefallen,
und trotz ihrer Bildung hatte Helmina es an häß-
lichen Ausdrücken nicht fehlen lassen. Sie ging so
weit, ihr vorzuwerfen, daß sie einen liederlichen
Lebenswandel geführt habe. Die Schwiegertochter
gerieth außer sich, klagte dem Mann über seiner
Mutter beleidigende Gehäßigkeit, und dieser, in der
durch den Wortwechsel gesteigerten Bitterkeit, warf
der Mutter vor, sie selber habe ja auch einen lieder-
lichen Lebenswandel geführt! Dieses vom Sohn ge-
sprochene Wort vergab die Mutter ihm nie, er nie-
mals ihr, daß sie ihn dahin gebracht, so zu sprechen. – 

Seite „4v“

Seite „5r“

5

Grabschrift für Max von Chézy
von seiner Mutter.
Mein einzig Kind, du ließest mich allein
Auf meinen letzten Pilgerwegen,
Geist, Anmuth, Kunst und Liebe waren dein.
Bringst Schönres doch dem Himmel nichts entgegen
als deiner Mutter Leid und Herzenssegen. – 

Seite „5v“

Seite „6r“

Helmina von Chézy.
6

Aus den Briefen Helmina’s von Chezy
an Apollonius von Maltitz.
„Sie wissen doch wohl, daß Bettine mir ein
Lied genommen, und es der Günderrode
beige-
messen? Solche Streiche liebt der Kobold! Es
ist das Lied: „Ist alles stumm und leer.“ – 
Schade um Clemens und die Bettine, daß so
wenig Wahrheit in beiden (ist), es sind großartige,
hochbegabte Naturen; doch ihnen schadet die Herrsch-
sucht und der Stolz, der die gefallnen Engel
stürzte.“
12. Aug. 1851

„Haben Sie das Apokryphum
des Hrn Fürst
über die Herz gelesen? Welche Lügen und
falsche Angaben!“
30. Mai 1852.

Seite „6v“

Seite „7r“

7

(Helmina von Chézy.)
Allgemeine Zeitung.
1856. No. 144. vom 23. Mai.
* Augsburg. Über die Denkwürdigkeiten
der
verstorbenen Helmina von Chezy kommt der Redak-
tion (mit Bezug auf den Artikel in Nr. 135. der
Allgem. Ztg.)
aus einer Quelle welche Beachtung
verdient, die Mittheilung zu daß dieselben im
Ganzen gar nicht geschrieben sind, und was etwa
davon vorhanden, höchstens in einigen Fetzen von
Bruchstücken bestehen kann. Diese Bruchstücke,
wenn daran überhaupt zu Papier gebracht wor-
den sind, müßten sich derzeit noch unter gericht-
lichem Siegel im Nachlaß der Dichterin befinden,
und seiner Zeit dem Erben ausgefolgt werden,
welchem Erben (W. Chezy in Wien) bisher
noch keine behördliche Mittheilung über den
Tod seiner Mutter zugekommen ist. Die
Lebensbeschreibung der Verstorbenen, deren
Veröffentlichung im „Morgenblatt“ begonnen
hat, und die auf vollständiger Kenntnis der
Thatsachen fußt, dürfte mithin die einzige
unmittelbar aus der Quelle geschöpfte Mit-
theilung über das abentheuerlich bewegte
Leben der Dichterin sein bleiben. Durch diese
Eröffnung wird sich die neulich in der Allg.
Ztg ausgesprochene Besorgnis
der einseitig
leidenschaftlichen Gehässigkeiten in der zu er-
wartenden Darstellung der Erlebnisse beseitigen.“

Seite „7v“

Seite „8r“

8

Aus dem Leben einer Dichterin
(Helmina von Chézy.)
Morgenblatt 1856 No. 11. v. 16. März.
No. 50. v. 14. Dez.
1857. No. 3. v. 18. Jun.
No. 10. v. 8. März.

(Von ihrem Sohn Wilhelm von Chézy)