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Brief von Fanny Tarnow an Helmina von Chézy

[Hamburg], 13. März 1820
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 241 Tarnow Fanny, Bl. 59-61 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Fanny Tarnow
Empfänger/-in
Helmina von Chézy
Datierung
13. März 1820
Absendeort
Hamburg
Empfangsort
Umfang
3 Blätter
Abmessungen
Breite: 110 mm; Höhe: 190 mm
Foliierung
Foliierung in Bleistift durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Renata Dampc-Jarosz; XML-Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

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[Karl August Varnhagen]Fanny Tarnow
an Fr. v. Chézy.
Am Montag den 13ten
März 20.


Ich habe heut nur eine Minute
Zeit Ihnen, meine Helmine, für
Ihren seelenvollen Brief zu
danken.
Der Gedanke unsers
Wiedersehens gewinnt alle
Tage neuen Reiz für mich, da
ich Ihnen nur [münd]lich werde
sagen können, wie das Gefühl
Ihrer Liebe u Ihrer Güte
täglich lebendiger in mir wird.
Ich bin jetzt mit Geschäften, Zer-
streuungen, Besuchen so ueber-
häuft, daß ich fast erliege.
Jeder Tag längern Verzugs
hier ist Verlust für mich u
doch sind jetzt die Wege unfahr-
bar. Ende künftiger Woche
hoffe ich nach Lübeck gehen

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zu können u dorthin, Liebe,
senden Sie mir, wenn Sie können,
die 100 rth die ich abschläglich für
den Bourbon
sehnlichst zu erhalten
wünsche, weil ich ihrer bedarf.
Was ich in dieser letzten Zeit
auszugeben habe, uebersteigt
meine Erwartung u könnte
Einem graue Haare machen.
Und dann noch eine Bitte: Bezeich-
nen Sie mir in Ihrem nächsten
Briefe Ihre Adresse genau –
ich sende meine Coffres zu Wasser
von hier nach Dresden u rechne
auf Ihre Vergünstigung
sie an
Sie adressiren zu dürfen – dazu
wird es aber einer nähern Bezeich-
nung Ihrer Wohnung bedürfen.
Das Quartier von dem Sie mir
schreiben, scheint allen meinen
Wünschen zu entsprechen – ich bedarf
wenig Raum, da ich, vorzüglich in der

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ersten Zeit, sehr einsam zu leben
gedenke. – Die Möbelmiethe finde
ich theuer, allein ich hoffe mich so
einrichten zu können, daß ich Michae-
lis mir das Nothwendigste selbst
anschaffe. Liebe, beste Helmine, möge
mir doch ein milder, freundlicher
Stern in Dresden leuchten! – Mein
Herz ist voll Vertrauen u Hofnung –
ich fürchte nichts als Nahrungssorgen –
aber ich bin fleißig, einfach in meinen
Wünschen u Bedürfnissen u Gott
hat bis jetzt immer so wunderbar
für mich gesorgt – er wird mich
auch künftig nicht verlassen u
seine Engel stehen mir ja als
treue Freunde zur Seite. –
Auf so Manches in Ihrem Briefe
möchte ich Ihnen viel antworten –
allein ich kann Einf heut nicht. – Ich
habe heut für ein neu erscheinendes
Kochbuch den Küchenzettel für 9
Monate zu machen – mit den für

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die drei andern bin ich schon fertig.
Mich amüsiert das u es ist zu einem
guten Zweck – aber einbringen
thut es nichts. –
Die Geschichte der Chimene v. Infan-
tado
sende ich Ihnen morgen mit
Buchhändler-Gelegenheit – Pomperan
erzählt sie den Damen u zwar dort
wo von der Liebe Franz des
1sten
zur Anna Boulen irgendwo
die Rede ist. – Kommt es zum
Druck: so gebe ich Ihnen die
Stelle noch genauer an. –
Adieu Liebe – Gute – alle
Segnungen des Himmels mit
Ihnen. Von ganzem Herzen

Ihre
Fannÿ.

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[Karl August Varnhagen]z. 13. März 1820.

Ich breche den Brief noch
einmal auf Ihnen für Ihren
eben erhaltenen vom 8ten März
zu danken. Ein Stein ist mir vom
Herzen, daß der Bourbon

untergebracht ist – diesen Sommer
wollen wir für unsre Iduna

viel schöne Sachen schreiben
u das Werk recht zu Ehren
bringen. – Nennen Sie Sich
als Herausgeberin? – ist es
ernstlich auf eine Fortsetzung
berechnet? – Beiträge von der
Huber u von der Fouqué kann

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ich verschaffen, wenn Sie
sie wünschen –
Meine Adresse für Lübeck habe
mich Ihnen schon gegeben – abzu-
geben bei dem Hn Doctor
Martini
Ich umarme Sie mit inniger
Liebe –
Ihre
Fannÿ.

[Karl August Varnhagen]vom 13 Marz 1820.