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Brief von Amalie von Helvig an Karl August Varnhagen von Ense

Berlin, Mai 1825
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 84 Helvig Amalie von, Bl. 19 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Amalie von Helvig
Empfänger/-in
Karl August Varnhagen von Ense
Datierung
Mai 1825
Absendeort
Berlin
Empfangsort
Berlin
Umfang
1 Blatt
Abmessungen
Breite: 200 mm; Höhe: 125 mm
Foliierung
Foliierung in Bleistift durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Agnieszka Sowa; XML-Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „19r“

19

[Karl August Varnhagen]Amalie von Helvig. Berlin, Mai 1825.
Dienstags früh:
Sie müssen schon lieber Herr von Varnhagen sich der Pönitenz unterwerfen Sara Th…

zu lesen, die mir in der Übersetzung jetzt selbst ziemlich abgetragen vorkommt, ob ich schon
mir bewußt bin bereits manches abgekürzt und überhaupt verdeutscht zu haben – die
Bleÿstift-Anmerkungen gehören schon einer spätern Zeit an, da ich die Erzählung in der
Absicht durchlas sie für den Druk zu überarbeiten. Zugleich folgt auch das Jugendgedicht
Abdallah und Balsora
nebst dem Fest der Hertha
in den Horen. Das erste ging ich in
diesen Tagen durch und habe im flüchtigen Lesen, wie Sie sehen werden, schon genug gefun-
den was nebst anderm zu bessern steht – Wenn man nicht eben immer mit Gleichmuth sich
älter werdend findet, so bleibt wenigstens ein Trost darin daß man manches beste machen
kann _ Zwischen Schlaf und Wachen finden Sie wohl einmal eine Stunde wo Sie diese
Dinge durchlaufen mögen, aber, aufrichtig gesagt, scheint mir dasjenige was St. Lamberts
Dichtung
früher so beliebt machte daß eine Königin sich für ihre Gestalten intersirte,
jetzt nicht mehr an der Zeit – lange durchgesprochen und durchversucht, ja auf weit-
scharfsinnigere und auch tiefere Weise vielfach behandelt. – So kann dasjenige was zu
seiner Zeit, kühn, was genial war, in einer späteren flach und abgedroschen aussehen.
Wie demüthigend für den stolzen Verstand, der da Wunder meÿnt was er aufgefun-
den und imponirend freÿgestellt habe. Noch immer sehn wir nach einem leidlichen Tag
vergebens aus um im Thiergarten unser kleines Piqunik auszuführen. – Wind und Regen, sonst
nichts hat dieser treulose Maÿ – . Meine tiefste Hochachtung an Frau von Varnhagen. Ich
habe beÿ 13 Grad Kälte in meiner Stube Husten und nicht das Herz in diese Keller Atmosphäre ein-
zuladen. Verzeihen Sie diese lange Apologie meiner gerechten Frucht Ihnen so viel geistigen Ballast
zu schiken. Hochachtungsvoll – Amalie v Helvig geb. Imhoff.

Seite „19v“