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Brief von Amalie Struve an Helmina von Chézy

London, 14. März 1850
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 240 Struve Amalie, 14.03.1850 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Amalie Struve
Empfänger/-in
Helmina von Chézy
Datierung
14. März 1850
Absendeort
London
Empfangsort
Umfang
2 Blätter
Abmessungen
Breite: 111 mm; Höhe: 181 mm
Foliierung
Foliierung durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków noch ausstehend.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Pedro Kauffmann Amaral; Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „1r“

Amalia Struve
an Helmina von Chézy.
London den 14 März. 1850.
Liebe, theuere Mutter!
Deinen Brief und die beiden Manuscripte:
„An Maria v. Colomb in Breslau“
u. „Einige franz: Frauen.“

habe ich richtig erhalten. Die
Letzteren machten mir namentlich
große Freude, sie werden dieeine
schöne Zierde meines Almanachs

werden. Deinen Namen werde ich
nur mit Deiner Zustimmung jemals
nennen, davon wirst Du überzeugt
sein. In Deinem lieben Schreiben
vom 15ten Februar sprichst Du mir von
einem angefangenen Aufsatze über
Georges Sand
und von interressantem
Stoff zu Nowellen welcher in
Deinem Tagebuche sich vorfände.
Ich bitte Dich nun mir, wenn es
Dir möglich ist, über die Thema
welche Du mir andeutest zwei
kleine Novellen in meinen
Almanach
zu schreiben. Jede
einzelne der beiden Nowellen von
ohngefähr sechs Briefbogen stark.
Kofie Chrzanowska
könnte die
Eine sein, die alämische
Heldinn die Andere. Durch
diese beiden Nowellen könntest
Du mich sehr verpflichten.
Ich habe den Titel ein klein wenig verändert, weil
die deutschen Frauen in dem Artikel fast gänzlich übergangen
sind. Er führt jetzt den Titel: „Einige berühmte Frauen Frankreichs“

Seite „1v“

Diese beiden kleinen Novellen könnten
die Quintessenz Deiner Romane
in sich schließen. Doch bitte ich
Dich so bald es Dir möglich ist
Sie mir zuzusenden, da die
Zeit drängt. Könntest Du
vielleicht über Frau Roland
u. einige deutsche Frauencharactere
mir interessante Biographien
kurze, liefern? Vor allem
bitte ich Dich, liebe Freundinn,
mir sobald Du eines oder das
andere des Genannten fertig hast,
mir es zuzusenden.
Herzlichen Dank für Deine Sinnsprüche
;
ich habe in mein Keepsake
mehrere
aufgenommen.
In Deinem lieben Briefe vom 7ten
März sah ich mit tiefer Wehmuth
die lieben Bildchen meiner Heimat.
Welch ein traurig süßes Vergnügen
ist es für mich zu gedenken der
Zeit da ich noch in ihr lebte
und der Stunden welche ich in
dem schönen Baden-Baden zu-
gebracht! Doch ich hoffe es
soll bald besser gehen, das
Vaterland bald frei und
glücklich sein!
Ein schwerer harter Kampf
und dann ein Leben des
Friedens!

Seite „2r“

Während ich Dir diese Zeilen schreibe
summt es um mich herum, so daß
ich meine Gedanken kaum zu sammeln
vermag. Mein Gustav hat nämlich
Besuch von einigen Bekannten, wir
haben nur dies eine Zimmer.
Verzeihe deßhalb mein etwas
verworrenes Schreiben. Ich bin
sehr beschäftigt an dem Almanach
.
Sende mir so schnell als möglich
die zwei kleinen Novellen, Roland u.s.w.
Wie sehr freut es mich immer Deine
lieben Schriftzüge zu erblicken!
freudig heiße ich sie willkommen!
ich habe den Brief von Kugel
auf die Post gelegt u. vorher ihnh
in eine Couverte gesteckt, da
das Papier gar zu dünn für diese
Reise war.
Von Alfred’s ungedruckten Gedichten
von welchen seine Mutter wohl
noch einige besitzt, wäre mir
eines sehr lieb f. d. Almanach
. Schreibe ihr
hierüber und sende mir dann
das Gedicht mit Deinem Manuscripte.

Wir leben hier stille und
zurückgezogen und arbeiten
fleißig zusammen.
Es wäre mir sehr erwünscht
über meine „Erinnerungen“

Deine Meinung zu hören.

Seite „2v“

Könntest Du nichts um zu deren
Verbreitung beitragen? Sie sind,
so viel ich weiß, noch nirgends in
Deutschland verboten worden.
Ich freue mich sehr auf den
Frauenalmanach
und denke
derselbe soll gut auf den Geist
und das Herz der deutschen
Frauen einwirken. Alle
edlen Menschen welche das
Vaterland lieben u. zu
dessen Wohlfahrt freudig
Gut und Blut opfern,
alle hochherzigen vaterländisch
gesinnten Männer und
Frauen sollten sich vereinen
zu einem großen Bunde,
derden Egoismus, die Habsucht,
die Herrschsucht, die Tÿrannei
das Laster zu vernichten!
Nur aus der Vereinigung
der Besten und Edelsten
wird die Freiheit für die
Menschheit erstehen.
Gustav grüßt Dich mit mir von
ganzer Seele.
Ich verbleibe mit
inniger Liebe und Treue
Deine Tochter

Amalie Struve.