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Brief von Amalie Struve an Helmina von Chézy

London, 19. Februar 1850
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 240 Struve Amalie, 19.02.1850 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Amalie Struve
Empfänger/-in
Helmina von Chézy
Datierung
19. Februar 1850
Absendeort
London
Empfangsort
Baden-Baden
Umfang
2 Blätter
Abmessungen
Breite: 110 mm; Höhe: 181 mm
Foliierung
Foliierung durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków noch ausstehend.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Betty Brux-Pinkwart; Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „1r“

[Karl August Varnhagen]Amalia Struve
an Fr. v. Chézy.

London den 19 Februar
1850.

Meine liebe Freundinn!
Deine Zeilen vom 15 Februar erfreuten
mich sehr.
Ich habe die besten
Hoffnungen für unser Unter-
nehmen.
Ich bitte Dich nun
mir umgehend Deine Beiträge
einzusenden, auf dem schnellsten
Wege. Novellen und Biographien
würde ich am liebsten von
Deiner Hand haben.
Es ist wichtig daß über die
Stellung des Weibes in der
Gesellschaft, dem Staate, der
Kirche u. der Schule Einiges
in unserem Almanach gesagt
werde. Dieses ich kann und
muß aber nicht in der Form
von Abhandlungen geschehen.
Könntest Du auch hierüber
Einiges mitsenden?
Ich habe Aussichten für einen Verleger
zu unserem Unternehmen.
Ich gedenke mich mit meinem
Ich erwarte täglich Deinen Beitrag.
u. arbeite fleißig vorwärts.
G. grüßt dich herzlichst. Deine Tochter A.

Seite „1v“

wahren Namen zu nennen.
Es steht nun bei Dir ob Du
Deinen Namen beigeben willst,
oder lieber nicht. Jedenfalls,
versichere ich Dich auf mein Wort
welches mir heilig ist, daß
ich ohne Deine Zustimmung
nie Deinen Namen
nennen werde. Sage wie
Du es wünschest, liebe Freundinn.
Den Stoff welchen Du hier
erwähnst, wäre herrlich
für unsere Zeit zu bearbeiten.
Wir müssen suchen die
patriotischen Gefühle der
Frauen zu wecken und den-
selben die richtige Richtung
zu geben.
Ich erwarte mit Sehnsucht
Deinen Beitrag, liebe
Freundinn, sende mir diesen
so schnell als möglich, sonst
wird der Druck leicht
verzögert und wir müssen
uns beeilen wenn unser
Almanach
eine Frühlingsgabe

Seite „2r“

werden soll.
Du wirst gewiß Freude haben an
diesem unserem Unternehmen.

Es wird wenn die Zeiten
ruhig bleiben Jahre hindurch
fortgesetzt werden können.
Auf diese Weise können
auch wir Frauen wirken
u. ein Steinchen beitragen
zu dem großen Baue der
Freiheit.
Ich bin fleißig an der Arbeit.
Gustav billigt entschieden
das Unternehmen u freut
sich über dessen Gedeihen.
Wie schön wäre es wenn Du
hier leben könntest!
wann werden wir uns
wohl wiedersehen?!
Ich hoffe immer auf
eine schöne Zukunft.
Ich kann die Hoffnung
nicht verlieren. Sie ist
das Einzige, das uns
geblieben ist! –

Seite „2v“

Amalie Struve.
Kummer u Noth, Sorgen
und Elend alles ist freudig
zu ertragen wenn die
Hoffnung noch Wurzel schlägt
in dem Herzen und man
das Bewußtsein treu erfüllter
Pflicht im Busen trägt.
Ich vertraue auf die ewige
Vorsehung liebe Freundinn
und sie wird uns halten.
Hast Du jetzt meine Erinnerungen
Waeranda ist schön, wir wollen über den Namen
noch nachdenken.
Es blutet mein Herz, Freundinn
gedenke ich meiner Heimat!
Nicht ein Leben, hätte ich
tausend würde gerne ich sie
ihr opfern!
Ich rufe mit meinem
Freunde Schnauffer:
„Land der Freiheit, Land der Schmerzen,
Teutscher Mannheit letzte Schanz’,
Sank im Blut Dein frischer Kranz,
Heimat der gebrochenen Herzen!
Hell wie tausend Himmelskerzen
Strahlet Deines Ruhmes Glanz.“
Adieu. schreibe bald
Deiner treuen Amalie Struve.