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Emilie Lohmann

Emilie Lohmann wuchs als Tochter des preußischen Verwaltungsbeamten Johann Friedrich Lohmann (gest. 1787) und der aus Wittenberg stammenden Johanne Friedrike Lohmann, geb. Ritter (1749–1811) in Schönebeck bei Magdeburg mit fünf Geschwistern auf. Früh verstarb der Vater und hinterließ der Familie ein beachtliches Vermögen, welches jedoch schnell vom Bruder des Verstorbenen durchgebracht wurde. Beinah mittellos fasste Emilie Lohmanns Mutter in dieser Situation den Entschluss, ihren ersten schriftstellerischen Versuch aus den 1770er Jahren zu publizieren, um sich und ihren sechs Kindern ein Auskommen zu sichern. Dieses aus der Not heraus geborene schriftstellerische Arbeiten sollte später auch für Emilie Lohmann prägend werden. 1807 zog die Familie nach Leipzig, wo der Oberhofgerichtsrat Dr. Otto Erhardt, Ehemann von Friederike Lohmanns Schwester, Unterstützer und väterliche Ersatzfigur für die Kinder war. Mit fortschreitendem Alter litt Friederike Lohmann an gesundheitlichen Beschwerden, die es für sie zusehends unmöglich machten, zu schreiben. Um das Jahr 1810 forderte sie ihre Tochter Emilie, in der sie schon früh schriftstellerisches Talent erkannt hatte, dazu auf, die von ihr selbst begonnenen Werke zu vollenden, um den Lebensunterhalt der Familie weiterhin zu sichern. Emilie Lohmann, die sich selbst als schüchtern, bescheiden und zurückhaltend charakterisierte und die das literarische Publizieren als Männerdomäne ansah, wollte allerdings nicht namentlich in die Öffentlichkeit treten. Somit lieh ihr ihre Mutter Friederike ihren Namen, den sie bisher auf den Titeleien ihrer Werke hinter Formulierungen wie „von der Verfasserin der Jacobine“ oder „von der Verfasserin der Claudine Lahn“ verborgen hatte. Emilie Lohmann hatte Erfolg mit ihren Novellen, Erzählungen und kleinen Romanen. Nach dem Tod der Mutter lebte sie mit ihrer jüngeren Schwester weiterhin zurückgezogen in Leipzig und verdiente den Unterhalt mit ihren Veröffentlichungen. Die posthum erschienene Werkausgabe umfasst 18 Bände und ist Ausdruck der hohen Produktivität der Schriftstellerin, deren Bild – mit dem Namen der Mutter als Bildunterschrift – die Werkausgabe illustriert.

Emilie Lohmann gehörte zu den vielen Schriftstellerinnen mit denen Helmina von Chézy im Laufe ihres Lebens korrespondierte. Beide Frauen verband ein kurzer Briefwechsel Anfang der 1820er Jahre. Helmina von Chézy scheint besonders interessiert an einem Werkverzeichnis von Emilie Lohmanns Mutter Friederike gewesen zu sein. Deren literarisches Werk war nur schwer fassbar, da Emilie Lohmann nach dem Tod der Mutter weiter unter deren Namen publizierte und die Werke als nachgelassene Schriften der Mutter ausgab. Anlass zu Helmina von Chézys Recherche dürfte ihre Zusammenarbeit mit dem Publizisten Carl Wilhelm Otto August von Schindel gegeben haben, der Mitte der 1820er Jahre ein dreibändiges Lexikon deutscher Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts herausgab. Schindel äußerte darin auch seine Vermutung, dass Emilie Lohmann unter dem Decknamen ihrer Mutter schriftstellerisch tätig war.

Betty Brux-Pinkwart

Literatur

Friedrich Kind:<lb/>
„Friederike Lohmann, die Jüngere“. In: Zeitung für die elegante Welt</hi> (08.–15.12.1831), Nr. 240–245, Sp. 1913–1916, 1924–1926, 1933–1934, 1937–1940, 1949–50, 1956–1957.

Carl Wilhelm Otto August von Schindel:
Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1.
Leipzig: F. A. Brockhaus 1823, S. 352.

Martin A. Völker:
„‚Umstrahlt vom Adel sittlicher Schönheit’. Humor und Konvention bei Emilie Lohmann (1783–1830)“. In: Romantische Frauen. Die Frau als Autorin und als Motiv von der Romantik bis zur „romantic fantasy“. Hrsg. von Thomas Le Blanc und Bettina Twrsnick.
Wetzlar 2011, S. 62–97.