Brief von Fanny Tarnow an Ludmilla Assing
Dessau, [11. März 1860]
Seite „13r“
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Am Sontag.
Es kann wohl als ein Wagniß erscheinen, daß ich
Sie, meine theure Ludmilla, in dem reichen, vielfach beweg-
ten Leben, welches das Element Ihrer Thätigkeit ist, [×××] nicht nur
Sie an Ihre alte 80jährige Freundin zu erinnern, wage sondern
auch den Muth habe mich Ihnen mit einer Bitte zu nahen.
Es ist sehr einsam um mich geworden, Ludmilla – ich ent-
behre in dem Kreise der mich umgiebt jeder geistigen
Anregung, jeder ideenreichen Mittheilung – ich lebe
in fast gänzlicher Abgeschiedenheit – aber ich kann noch
lieben u denken u finde in dem Umgang mit meinen
Gestorbnen u mit meinen Büchern allein Ersatz für alles, was mir
das Leben versagt. Gelähmt u unfähig mein Zimmer zu
verlassen, können Sie, meine theure Ludmilla, mein
oedes Daseÿn freundlich erhellen, wenn Sie mir den
Briefwechsel Humboldts u V.
mittheilen wollen. Das Buch ist für mich viel zu
theuer um es mir anschaffen zu können u doch ist
es für mich von dem größten Interesse. Ich freue mich
des Muthes mit dem Sie es wahr u unentstellt in die
Welt geschickt haben u ich weiß auch, Sie werden Sich
durch all das Geplärre der Menge nicht einschüchtern
lassen –
die Anfragen auch zu denen es Anlaß giebt beantwor-
ten zu können. Liebe Ludmilla, Sie thun wahrlich
ein gutes Werk, wenn Sie meine Bitte erfüllen u es
mir auf einige Tage senden wollen. Leider
kann ich nur noch in einzelnen Augenblicken schreiben –
vielleicht kommen aber doch noch Stunden die mich
dazu fähiger machen, u in denen ich Ihnen sagen kann
wie ich Sie auf Ihrer litterarischen Laufbahn begleite
u mich derselben erfreue. Inniger kann Ihnen kein Herz
ergeben seÿn, als das Ihrer alten treuen Freundin,
Fannÿ Tarnow.
Sie, meine theure Ludmilla, in dem reichen, vielfach beweg-
ten Leben, welches das Element Ihrer Thätigkeit ist, [×××] nicht nur
Sie an Ihre alte 80jährige Freundin zu erinnern, wage sondern
auch den Muth habe mich Ihnen mit einer Bitte zu nahen.
Es ist sehr einsam um mich geworden, Ludmilla – ich ent-
behre in dem Kreise der mich umgiebt jeder geistigen
Anregung, jeder ideenreichen Mittheilung – ich lebe
in fast gänzlicher Abgeschiedenheit – aber ich kann noch
lieben u denken u finde in dem Umgang mit meinen
Gestorbnen u mit meinen Büchern allein Ersatz für alles, was mir
das Leben versagt. Gelähmt u unfähig mein Zimmer zu
verlassen, können Sie, meine theure Ludmilla, mein
oedes Daseÿn freundlich erhellen, wenn Sie mir den
Briefwechsel Humboldts u V.
auf einige Tage
mittheilen wollen. Das Buch ist für mich viel zu
theuer um es mir anschaffen zu können u doch ist
es für mich von dem größten Interesse. Ich freue mich
des Muthes mit dem Sie es wahr u unentstellt in die
Welt geschickt haben u ich weiß auch, Sie werden Sich
durch all das Geplärre der Menge nicht einschüchtern
lassen –
ich wünschte aber auch es zu lesen, um alle
die Anfragen auch zu denen es Anlaß giebt beantwor-
ten zu können. Liebe Ludmilla, Sie thun wahrlich
ein gutes Werk, wenn Sie meine Bitte erfüllen u es
mir auf einige Tage senden wollen. Leider
kann ich nur noch in einzelnen Augenblicken schreiben –
vielleicht kommen aber doch noch Stunden die mich
dazu fähiger machen, u in denen ich Ihnen sagen kann
wie ich Sie auf Ihrer litterarischen Laufbahn begleite
u mich derselben erfreue. Inniger kann Ihnen kein Herz
ergeben seÿn, als das Ihrer alten treuen Freundin,
Fannÿ Tarnow.
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An
Fräulein Ludmilla Assing
in
Berlin,
frei.