Brief von Fanny Tarnow an Karl August Varnhagen von Ense
[Berlin], 31. Dezember 1846
Seite „117r“
117
[Karl August Varnhagen]Fanny Tarnow, an V.
Am Sӱlvestertage 46.
Hier, mein verehrter Freund, sende ich
Ihnen Lucrezia Floriani
ist mir interessant dies geniale Werk
kennen gelernt zu haben – wissen Sie
aber, was mich verdrießt? – daß auch
hier das Geld als die unumgängliche
Bedingung jeder schönen, freien Gestal-
tung des Lebens dargestellt wird. Lassen
Sie Lucrezia arm seӱn u alles Talent
der Darstellung hätte sie nicht vor dem
Schein gemeiner Verhältnisse bewahren
können. Und doch ist eben der Götzendienst
des Geldes von dem die Menschen zu
befreien alle streben sollten, denen
der Beruf geworden ist, durch die Macht
des Talentes u der Rede auf die Menschen
wirken zu können.
Ihnen Lucrezia Floriani
zurück. Es
ist mir interessant dies geniale Werk
kennen gelernt zu haben – wissen Sie
aber, was mich verdrießt? – daß auch
hier das Geld als die unumgängliche
Bedingung jeder schönen, freien Gestal-
tung des Lebens dargestellt wird. Lassen
Sie Lucrezia arm seӱn u alles Talent
der Darstellung hätte sie nicht vor dem
Schein gemeiner Verhältnisse bewahren
können. Und doch ist eben der Götzendienst
des Geldes von dem die Menschen zu
befreien alle streben sollten, denen
der Beruf geworden ist, durch die Macht
des Talentes u der Rede auf die Menschen
wirken zu können.
Dürfte ich Sie bitten, mich für die Tage
meines Hierseӱns noch mit etwas franzö-
meines Hierseӱns noch mit etwas franzö-
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sischer Lectüre zu versorgen?
Ich bekomme in Dessau alles was unsre
deutsche Litteratur Neues zu bieten
hat doch seit Jahr u Tag kaum französische
Bücher mehr. – Bis zum 6ten Januar
bleibe ich noch hier. – Werde ich nicht
die Freude haben Sie in dieser Zeit
noch Einmal zu sehen?
Ich bekomme in Dessau alles was unsre
deutsche Litteratur Neues zu bieten
hat doch seit Jahr u Tag kaum französische
Bücher mehr. – Bis zum 6ten Januar
bleibe ich noch hier. – Werde ich nicht
die Freude haben Sie in dieser Zeit
noch Einmal zu sehen?
Erlauben Sie mir auch Sie an den Brief des
Grafen Henkel
vor einigen Wochen mittheilte u lassen
Sie mich Ihnen auch für die Bekanntschaft
von Fannӱ Lewald danken, die so freund-
lich war mich aufzusuchen u zu der ich
heut Nachmittag noch auf ein Stündchen
zu fahren gedenke. –
Möge das neue Jahr Ihnen Alles bringenGrafen Henkel
zu erinnern, den ich Ihnen
vor einigen Wochen mittheilte u lassen
Sie mich Ihnen auch für die Bekanntschaft
von Fannӱ Lewald danken, die so freund-
lich war mich aufzusuchen u zu der ich
heut Nachmittag noch auf ein Stündchen
zu fahren gedenke. –
was Ihnen Erquickung, Erfrischung u neu
belebte Hofnungen zu gewähren vermag!
Erhalten Sie mir Ihre freundschaftliche Theil-
nahme u seӱn Sie überzeugt, daß diese
zu meinen besten u theuersten Freuden
gehӧrt. – Fannӱ
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