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Brief von Amalie von Helvig an Rahel Varnhagen von Ense

[Berlin], [zwischen Mitte Januar und Ende März 1828]
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 84 Helvig Amalie von, Bl. 26 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Amalie von Helvig
Empfänger/-in
Rahel Varnhagen von Ense
Datierung
zwischen Mitte Januar und Ende März 1828.
Absendeort
Berlin
Empfangsort
Berlin
Umfang
1 Blatt
Abmessungen
Breite: 115 mm; Höhe: 200 mm
Foliierung
Foliierung in Bleistift durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Agnieszka Sowa; XML-Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „26r“

26

[Karl August Varnhagen]
Fr. v. Helvig.
1828.

Ich bin sehr in Versuchung Ihre, mir bekannte
Großmuth in Anspruch zu nehmen beste Frau
von Varnhagen [×××]
. und zwar weil ich fühle
daß ich derselben nicht unwürdig bin.
Sie wissen wohl nicht daß seit dem letzten Dec:
Bror zu mir in so heftigem Fieber kam, daß ich,
auf das ärgste gefaßt den Ausspruch des
Arztes, daß es eine HalsEntzündung mit Ge-
schwüren seÿ, beÿnahe als eine gute Botschaft,
empfing. – Die, in Brors Alter häufige Erschei-
nung heftigen Fiebers
dauerte dabei fort und
eine Art Hüftschmerz konnte nur durch
große Spanische Fliegen
bezwungen werden.
Keinen Tag verlies ich ihn, der mich auch wahrhaft
nöthig hatte – allein kaum war er auf den
Beinen, so kam mir die Nachricht von Emilie
Schillers
plötzlicher Erkrankung beÿ – Frau von
Humboldt
, fast zugleich auch die Nothwendig-
keit eine andre Wohnung für sie zu suchen
da die Masern beÿ Mogitz (doch nur beÿ einem
Pensionair) sich offenbart – Diese Sorge,
das kalte Wetter was mich wieder gefangen
hielt wechselten miteinander ab, und je
näher ich Sie mir wüsste, je leichter schien es
mir Sie zu erreichen, ohne daß ich dazu gelangen
konnte. Gestern Nachmittags hatte ich mirs stark

Seite „26v“

vorgenommen, allein das Gewitter und der nicht nach-
lassende Sturm machten mich wiederum feig.
Ich habe in den kalten Tagen an so heftigen Brust-
schmerzen gelitten, daß ich kleinmüthiger als
je, vor der Wiederholung dieses Leidens erschrak.
Wollen Sie nun gar feurige Kohlen auf
mein Haupt sammeln so lassen Sie sich herab
oder vielmehr hinauf zu meiner Treppe
die in 2 Absätzen sich doch überwinden lassen
es kommen keine Damen und niemand als Emilie
kann ich Ihnen versprechen die wohl heute mich
besuchen wird. Herr v. Varnhagen ist ganz grausam
gegen mich und hält so schlecht als möglich
Nachbarschaft, aber mit Ihnen würde er doch
kommen, so wie er auch ohne diese liebe Be-
gleitung stets willkommen ist – Es wäre
möglich daß Strekeisens
käme, den ich an
seine alte Nachbarin von sonst erinnern
lassen –  doch ich verspreche Ihnen nichts als
den freundlichsten Empfang, den innigsten Dank
von derjenigen die unveränderlich bleibt

Montag Mittag:
ganz die Ihrige
Amalie vHelvig
P:s
Machen Sie sich nicht die Mühe zu antworten, kommen
Sie nicht so wird Mahomet wohl zu dem Berge kommen.