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Brief von Elise Rächler an Helmina von Chézy

Nordhausen, 18. September 1822
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 222 Rächler Elise, 18.09.1822 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Elise Rächler
Empfänger/-in
Helmina von Chézy
Datierung
18. September 1822
Absendeort
Nordhausen
Empfangsort
Umfang
2 Blätter
Abmessungen
Breite: 122 mm; Höhe: 186 mm
Foliierung
Foliierung durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków noch ausstehend.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Betty Brux-Pinkwart; XML-Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „1r“

[Karl August Varnhagen]
Elise Ehrhardt
an Helmina von Chézy
Nordhausen, 18. Sept. 1822

Ihre gütige Erlaubniß benutzend, übersende ich Ihnen,
verehrte Freundin, beikommend meine „Harfe aus
der Heimath“,
wiederhohle jedoch die Bitte, daß
Sie doch die Liebe haben, und mir sagen möchten,
ob das Gedicht werth sey ans Licht zu treten,
oder besser verborgen bleibe?
Es dürfte für die nächstfolgende Zeit dieses wohl
die letzte umfassendere Arbeit bleiben, die ich unter-
nahm, indem mich jetzt das wirkliche thätige Leben
auf eine Weise anzieht und hinnimmt, daß mir
zu Erfindungen im Reich der Phantasie wenig
Muße bleiben wird. Mit recht frohem Herzen
darf ich Ihnen, Theure Freundin, jetzt mittheilen,
was Jahre lang als stilles Geheimniß in meiner
Brust verborgen lag, nun aber ins Leben hervor
geht zum erwünschten Ziele – Daß ich die Braut
des Mannes bin, den ich von ganzem Herzen
liebe! – Er heißt Gottlieb Rächler und wohnte
bis jetzt in der Brüdergemeine Neudietendorf, wo
er dem Fabrikwesen im Brüderhause vorstand.

Gott führte uns vor drei Jahren auf wunder-
bare Weise zusammen – Seine Führung ists

Seite „1v“

auch, die uns jetzt verbindet. Er wird sich in
meiner Vaterstadt niederlassen, und auch hier
sich ähnlichen Geschäften, wie bisher widmen.
Der Segen meiner verklärten Mutter ward noch
kurz vor ihrem Hingang unsrer Verbindung
zu theil, sie kannte und liebte den Mann, den
mein Herz erwählte, und den ich nun meinen
Bräutigam nennen darf.
In 6 – 8 Wochen wird uns hoffentlich die Weihe
der Kirche verbinden. Rächler ist gegenwärtig
hier, um die äußerlichen Verhältnisse zu ordnen.
Ueberzeugt von der Theilnahme Ihres liebevollen
Herzens, wollte ich mir die Freude nicht versagen,
Ihnen sogleich nach der Entscheidung meiner Zu-
kunft, Kunde davon zu geben. Gewiß ver-
sagen auch Sie mir die Fürbitte zum himmlischen
Vater nicht daß Sein Segen heilige den Bund
der Liebe!
Möchte Ihr nächster lieber Brief mir Froheres
verkünden, als es der letztempfangene konnte!
möchte Ihr schönes klares Gemüth siegen über
alles Beengende äußerer Lebensverhältnisse –
und möchten sich auch diese Ihnen hold und freund-
lich umgestalten!

Seite „2r“

Von den beiden Verlegern hat mir
keiner geschrieben. Gern wünschte ich Nachricht zu
haben, ob die beiden Erzählungen von Iihnen
aufgenommen sind – indem sich, im [verneinen-
der]
Fülle, vielleicht anderweitige Gelegen-
heit zum Abdruck darbieten möchte.
Entschuldigen Sie gütigst, das Flüchtige und Zer-
stückte dieses Schreibens! Mancherlei Geschäfte
nehmen mir alle Stunden des Tages in Anspruch,
und lassen der freundschaftlichen schriftlichen
Mittheilung nur Minuten übrig –
Gott lasse es Ihnen recht – recht wohl gehen!
Dies von ganzem Herzen der Wunsch
Ihre

Elise Ehrhardt.
Nordhausen d: 18 September.
1822.

Dürfte ich wohl bitten, daß Sie
die Güte hätten, und die Harfe

auch dem Th. Hell, als freund-
lichen Gruß, mittheilten? –

Seite „2v“