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Adelaide Reinbold

Adelaide Reinbold, die sich zumeist selbst Adelheid nannte, wurde am 13. Januar 1800 in Hannover geboren. Ihr Vater, der Kurfürstlich Geheime Kanzleisekretär Carl Friedrich Reinbold (*1769) und dessen Frau Friederike, geb. von Hof(f) (1774–1832), die aus dem thüringischen Gotha stammte und deren Vater am Hofe des Herzogs von Sachsen-Gotha-Altenburg tätig war, gehörten angesehenen Familien an und konnten auf ein breites familiäres Netzwerk zurückgreifen. Verwandtschaftliche Beziehungen bestanden über die Mutter unter anderem zum Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling. Das frühe freundschaftliche Verhältnis der Eltern zum hannoverschen Staatsmann und Philosophen August Wilhelm von Rehberg (1757–1836) und dessen Frau Marie Philippine Caroline (1775–1857) sollte Adelaide Reinbold in späteren Jahren ebenfalls eine hilfreiche Stütze sein.

Im Zuge der Napoleonischen Kriege geriet die Familie Reinbold, die im Laufe der Zeit elf Kinder bekommen sollte, in eine finanzielle Notlage. Es folgte 1808 ein Umzug auf das Klostergut Mariengarten bei Göttingen, wo Carl Friedrich Reinbold eine Stelle als Oberamtmann antrat und Adelaide Reinbolds unverheiratete Tante Hedwig von Hof(f) vor allem die Erziehung der Kinder übernahm. Diese hatte einen großen Einfluss auf die Bildung ihrer Nichte gehabt. Hedwig von Hof(f) unterrichtete Adelaide Reinbold in mehreren Sprachen (Griechisch, Englisch, Französisch) und förderte ihr zeichnerisches Talent. Mit zunehmendem Alter fühlte sich Adelaide Reinbold auch selbst immer mehr für die Erziehung und Ausbildung ihrer jüngeren Geschwister verantwortlich. 1820 ging Carl Friedrich Reinbold in den Ruhestand und die Familie zog nach Hannoversch Münden um. Durch einflussreiche familiäre Kontakte wurde der mittlerweile 20-jährigen, aber noch immer ledigen Adelaide eine Anstellung als Erzieherin im Haus des Wiener Bankiers Heinrich von Pereira ermöglicht.

In Wien kam sie mit den literarischen Kreisen um Henriette von Pereira-Arnstein, Caroline Pichler und Josephine Perin von Gradenstein in Kontakt. Auch lernte sie dort die Schriftstellerin Helmina von Chézy und den Diplomaten Friedrich Apollonius von Maltitz kennen. Mit ersterer teilte sie vor allem das Interesse an Literatur und Theater sowie einen gemeinsamen Bekanntenkreis, der sich in den geselligen Zirkeln Wiens traf. Mit letzterem verband sie eine kurzzeitige gegenseitige Neigung, die Maltitz allerdings vermutlich aufgrund gesellschaftlicher Konventionen wieder löste. In diese Wiener Jahre fallen wahrscheinlich auch Adelaide Reinbolds erste schriftstellerische Arbeiten. Die Entstehung ihres Dramas „Saul“ in dieser Zeit ist belegt. Im Januar 1828 wurde das Arbeitsverhältnis zwischen Adelaide Reinbold und der Familie Pereira frühzeitig beendet. Grund dafür waren allem Anschein nach unterschiedliche Erziehungskonzepte. Adelaide Reinbold vertrat moderne Ansätze, die Frauen mehr Wertschätzung, Rechte und gesellschaftliche Handlungsspielräume einräumen wollten.

Nach dem Weggang aus Wien hielt sich Adelaide Reinbold einige Monate bei dem Ehepaar von Rehberg in Dresden auf. Während dieser Zeit lernte sie Ludwig Tieck und Friedrich von Raumer kennen, die ihre literarischen Arbeiten weiter beflügelten. Ihren Schwerpunkt fand sie im Schreiben von Novellen und Romanen. Konkrete Pläne, von ihren Werken leben zu können, verfolgte sie zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht. Familiäre Verpflichtungen, weiterhin für die Ausbildung der jüngeren Geschwister zu sorgen sowie die alternde Mutter in dem neuen Wohnort der Familie Mariensee zu unterstützen, hielten Adelaide Reinbold jedoch immer wieder in den folgenden Jahren von intensiveren literarischen Arbeiten ab. Auch ein letztmaliger Versuch als Erzieherin im Hause Schönburg-Waldenburg zu arbeiten, scheiterte. Schließlich kam es 1832 nach dem Tod der Mutter zum Bruch mit ihrem Vater, der eine Rückkehr ins Elternhaus ausschloss. Erneut ging Adelaide Reinbold nach Dresden. Dort lebte sie in bescheidenen Verhältnissen, um die Ausbildung ihrer Geschwister weiterhin zumindest finanziell unterstützen zu können. Die finanziellen Sorgen artikulierte sie schließlich gegenüber ihrem literarischen Mentor Ludwig Tieck, in dessen Haus sie stetig verkehrte und zu dem sich auch eine tiefere Freundschaft entwickelt hatte. Er verschaffte ihr nicht nur eine Anstellung als Rezensentin in den „Blätter[n] für literarische Unterhaltung“ ab 1835, er ermöglichte auch die Veröffentlichung ihrer Werke, für die er Vorworte schrieb und die unter dem Pseudonym Franz Berthold erschienen. Darunter zählen die „Novellen und Erzählungen“ sowie ein Folgeband „Novellen“ (Bunzlau 1836/1837). 1831 hatte sie bereits die drei Novellen „Emilie de Vergy“, „Die Kette“ und „Der Doppelgänger“ im „Morgenblatt für gebildete Stände“ veröffentlicht, einen schriftstellerischen Durchbruch hatte dies allerdings nicht bedeutet. Als der Weg zu einer literarischen Laufbahn durch die Unterstützung von Ludwig Tieck schließlich frei schien, starb Adelaide Reinbold im Alter von 39 Jahren an Diphterie. Friedrich Apollonius von Maltitz betrauerte die Freundin an ihrem Grab auf dem Eliasfriedhof in Dresden mit den Worten Helmina von Chézys: „Hier schlummert eine Rose, die den Dorn im Herzen trug“ (SV 47 Chézy Helmina von, Bl. 700v).

Betty Brux-Pinkwart

Literatur

Janin Afken:
&#„Adelheid Reinbold – eine vergessene Dichterin“.
Online verfügbar unter: Digital Intellectuals Blog, veröffentlicht von Anne Baillot [15. Februar 2023.

Johannes Wetzel:
Adelheid Reinbold, die Schülerin Tiecks.
Leipzig 1911.