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Brief von Rahel Varnhagen von Ense an Karoline von Woltmann

Teplitz, 4. August 1814
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 281 Woltmann Karoline von, Bl. 89-90 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Rahel Varnhagen von Ense
Empfänger/-in
Karoline von Woltmann
Datierung
4. August 1814
Absendeort
Teplitz-Schönau
Empfangsort
Prag
Umfang
2 Blätter
Abmessungen
Breite: 190 mm; Höhe: 235 mm
Foliierung
Foliierung in Bleistift durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Agnieszka Sowa; XML-Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „89r“

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Donnerstag. Tepliz den 4ten August 1814

Wie mich das freut, daß Woltman kommen wird!
Nämlich wie er beßer werden wird! Es hilft entsetzlich.
Mir beÿnah schon ganz. Und daß Sie ein wenig spät
kommen ist auch, da Sie nicht ganz nach Gutdünken
bleiben können, sehr gut; die hitze, ihre Gewitter, u deren
drükende Luft peinigte die badenden sehr. Ein
quartier Liebe traute habe ich auch schon! Als ich
mich Gestern Nachmittag anzog erhielt ich Ihren prächtigen
Brief; mit den haaren um den Kopf lief ich zu Varnh:
gab ihm seinen, las Ihren, es flimmerte mir nur so alles
vor den Augen! Ihr Leid, Ihre Freude, Napoleon, Sie, Wolt:
die Katze, die tausend u tausend Dinge die Sie
sagten, dies alles schwamm, u wallte in dem freudigen Schrek,
daß Sie kommen! Und gleich trat die Angst mit dem quartier
ein. Gleich lief ich auch in meiner ganzen Gegend, sie ist die
beste: den Bädern, u allem was man hier haben muß nah;
u mir. Mancherleÿ fand ich: aber diesen Augenblik
habe ich erst eine Komodissima-treppe hoch, auf meinem Fluhr
eins für Sie erhalten, für 18 fl:
vom 10ten an. 3 Zimmer.
u darin alles was Sie brauchen. Ein Fenster hat die Aus-

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sicht auf einen schönen Platz ein Gan und kann zum Schreib-
stübchen dienen. Ein großes Zimmer welches still u
mitten in liegt, zur Schlafstube, eine einfenstriges
für das Mädchen
mit dem Ausgang nach Ihnen und zum
Fluhr: der Fluhr selbst ein hinterer coridor nach
ein großes, welches die Leute
bis jetzt für den Preiß
nicht laßen wollten: aber späterhin uns doch geben werden,
weil Niemand kommt. Das Haus, die Reinlichkeit, Hei-
terkeit, Bequemlichkeit selbst! Alle Geräthe u
Gefässe im größten Ueberfluß; man braucht nur zu
fordern. Tisch- Bettzeug; bekömmt man. Meine große
Nähe, die Ihnen nur zur Bequemlichkeit, mit unseren
Domestiken dienen soll. Keine Art von gêne oder Ueber-
laufen; Sie richten sich alles still, u Einsam, wie vor dem
Oyeser-Thor
ein; u zum Zusammenkommen dient mein
Zimmer, der Garten, die Gegend, der Berg, der Fluhr,
Clarys
Garten. Sie sollen es recht gut haben. Wir haben
auch eine sehr wohlfeile gute waschfrau; einen guten Schneider
wohlfeile Zeuge. Guten Wein. Ich freue mich, daß sich
die Herren
würden gut unterhalten können! Schreiben Sie

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mir nur, ob Sie zum Mittag oder Abend kommen: die
erste Mahlzeit müßen Sie bequem, heiter u sorgen-
los beӱ mir einnehmen! Auch möchte ich Ihnen ein
wenig entgegen gehen! Der Weg ist so angenehm.
Dore freut sich todt! Ich schrie es ihr gleich zu. Wolt-
mans
kommen. Sie sehen den zerstreuten Brief! Die Post
geht, u ich wollte Ihnen nur das Wesentlichste, vom Quar-
tire sagen. Solch einen peinigenden Karakter hab’ ich. Alles
muß gleich gemacht seÿn: ich wär’ ein schöner Regent!
Ich oder das Reich stürben gleich. Nein! ich streite gar
nicht! Mit der Katze; das ist ganz richtig: wir wurden
auch ganz ernsthaft. Ich habe Varnh: alles was ich nur
weiß von Ihnen erzehlt: er ist ganz vorbereitet zu Ihrer
Bekanndtschaft. Es freut ihn sehr, daß ich Sie wiederhaben,
u er Sie sehen soll. Er grüßt 1000 u 1000 Mal! Empfiehlt sich
Hrn: v: Woltm: er würde gleich Pertes schreiben; u überhaupt alles
zum besten besorgen u überlegen: u alle fernern verabredungen
u Uebereinkommen bis zu Ihrer Anwesenheit laßen; welche ja
nun bald erfolgt! Auch ich will, u besonders kann wegen
der Post nichts mehr schreiben, u auch alles mündlich abmachen.
Kommen Sie lieben Freunde Sie können nicht beßer, nicht wohlwollen
-der empfangen werden! Aus allen gründlichen Ursachen, die Sie selbst
angeben, lieb u schätz’ ich Sie aus vollem Herzen. Antworten

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Sie! Rahel.
Sie können auch ganz bequem im Hause waschen.
Varnhagen hat mir längst Ihre Volkssagen
kommen
laßen. Ich bewundere Sie, ein großes Wunder
beÿ mir, sehr! Mündlich auch davon. Ich erkannte
ganz Karoline dabeÿ u liebte sie daran; die
Mährchen. adieu adieu!