Brief von Fanny Tarnow an Karl August Varnhagen von Ense
Dessau, 9. Dezember 1846
Seite „113r“
113
[Karl August Varnhagen]Fanny Tarnow
an V.
an V.
Dessau den 9ten December
46.
46.
Nur ein widerwärtiges Schnup-
fenfieber konnte mich abhalten,
Ihnen, mein verehrter Freund,
schon früher für Ihren Brief u die
ihn begleitende Sendung zu danken,
Es hat mich wahrhaft erfreut
u gerührt, daß Sie meiner Vorliebe
für Chocolade so freundlich u
gütig eingedenk geblieben sind.
Die Einfärbigkeit meines Lebens
ist nicht düster – aber es thut
mir doch unbeschreiblich wohl, wenn
auf das graue Gewebe ab u zu
ein lichter Strahl der Erinnerung
und der Theilnahme edler Freunde
fällt.
fenfieber konnte mich abhalten,
Ihnen, mein verehrter Freund,
schon früher für Ihren Brief u die
ihn begleitende Sendung zu danken,
Es hat mich wahrhaft erfreut
u gerührt, daß Sie meiner Vorliebe
für Chocolade so freundlich u
gütig eingedenk geblieben sind.
Die Einfärbigkeit meines Lebens
ist nicht düster – aber es thut
mir doch unbeschreiblich wohl, wenn
auf das graue Gewebe ab u zu
ein lichter Strahl der Erinnerung
und der Theilnahme edler Freunde
fällt.
Da Sie sich für das Buch
Henkel interessieren, kann
ich es mir nicht versagen, Ihnen
einen Brief mitzutheilen, den
ich vor einigen Tagen von ihm
des Grafen
Henkel interessieren, kann
ich es mir nicht versagen, Ihnen
einen Brief mitzutheilen, den
ich vor einigen Tagen von ihm
Seite „113v“
erhalten habe. Wie rüstig
u bereit der mehr als 70 jährige
Greis noch ist, mit seinem Degen
Genugtuung für das gesprochene
Wort zu geben! – Wenn ich
zu Weihnachten nach Berlin
komme, hole ich mir den Brief
selbst wieder ab u bringe
Ihnen auch von der Gräfin
Haak
Frau hat in dem letzten Jahre
viel Trübes erlebt. In Eisen-
bahn-Aktien hat sie ihr ganzes
Vermögen verloren u dies
ist wohl nicht das bitterste Erleb-
niß dieses Zeitraums. Ihre Mut-
ter starb vor einigen Wochen
u an ihrer Leiche hat sie sich mit
allen ihren Geschwistern entzweit,
so daß sie jetzt durchaus allein
u verlasen dasteht u das ist
nach meinem Gefühl, das trostloseste
Geschick im Leben.
u bereit der mehr als 70 jährige
Greis noch ist, mit seinem Degen
Genugtuung für das gesprochene
Wort zu geben! – Wenn ich
zu Weihnachten nach Berlin
komme, hole ich mir den Brief
selbst wieder ab u bringe
Ihnen auch von der Gräfin
Haak
Einiges mit. Die arme
Frau hat in dem letzten Jahre
viel Trübes erlebt. In Eisen-
bahn-Aktien hat sie ihr ganzes
Vermögen verloren u dies
ist wohl nicht das bitterste Erleb-
niß dieses Zeitraums. Ihre Mut-
ter starb vor einigen Wochen
u an ihrer Leiche hat sie sich mit
allen ihren Geschwistern entzweit,
so daß sie jetzt durchaus allein
u verlasen dasteht u das ist
nach meinem Gefühl, das trostloseste
Geschick im Leben.
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ich mich Ihrem freundschaftlichen
Andenken, angelegentlichst u
ganz ergebenst Fannӱ Tarnow.