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Brief von Fanny Tarnow an Karl August Varnhagen von Ense

Dessau, 12. März 1843
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 241 Tarnow Fanny, Bl. 101-102 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Fanny Tarnow
Empfänger/-in
Karl August Varnhagen von Ense
Datierung
12. März 1843
Absendeort
Dessau
Empfangsort
Berlin
Umfang
2 Blätter
Abmessungen
Breite: 115 mm; Höhe: 135 mm
Foliierung
Foliierung in Bleistift durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Renata Dampc-Jarosz; XML-Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „101r“

101

Dessau, den den 12ten März 43.
Wie hat es mich erfreut von Ihnen, mein
hochverehrter Freund, einen Gruß zu er-
halten u mir sagen zu können, daß ich Ihrer
Erinnerung nicht ganz entschwunden bin. – Ich
habe mir ein wahres Vergnügen daraus
gemacht, mich gleich um die von Ihnen ge-
wünschten Autographen-Blätter zu be-
mühen, kann Ihnen aber heut leider erst
eins, vom alten Schnurbart
– wie er hier
allgemein genannt wird – senden, dem ich
eins von Matthisson
beilege. Am 1sten
April komme ich selbst nach Berlin, wohin
ich mich aber doch nicht in den April zu
senden gedenken – u dann bringe ich die
noch fehlenden mit. Würden Ihnen Briefe
von Klinger u Rochlitz? lieb seӱn? – sonst
möchte ich wohl nicht im Besitz von handschrift-
lichen Blättern seӱn, von denen nicht
schon interressantere in Ihren Hände sind.

Seite „101v“

Es geht mir hier in Dessau sehr wohl u
gewiß ist es ein in meinen Jahren sehr
seltenes Glück, an einem Ort, wo man sich
ohne alle Bekanntschaft u ohne alle Protektion
ansiedelt, eine solche Aufnahme u Aner-
kennung zu finden, wie sie mir hier zu
Theil geworden ist. Von jeher hat es
den größten Reiz für mich gehabt, ueber
mich selbst die Schriftstellerin vergessen
zu sehen u auch hier darf ich glauben,
daß mein Ansehen, in der litterarischen
Welt schon verschollner, litterarischer
Ruf nur eine Anmeldungskarte für
mich gewesen ist. – Auch amusiert u inter-
ressiert mich das Hofleben u die Verwal-
tung eines so kleinen Fürstenthums, die
hier viel Eigenes hat, weil der Fürst
zugleich Eigentümer des ganzen Landes
ist.
Werden Sie mir in Berlin die Freude

Seite „102r“

102

versagen, Sie zu sehen? Ich wohne bei
meiner Schwester der Kriegsräthin
Kauffmann
, Wilhelmsstraße № 132.

u komme gewiß den ersten April. –
Wie wird es mich bewegen die Töchter der
von mir unvergeßenen Rosa Maria zu
sehen! – Ach, mein Freund, wie sind die Reihen
unsrer Lieben gelichtet! – welche Herzhaf-
tigkeit gehört dazu, das Gefühl der
Vereinzelung in sich zu bekämpfen! –
Mit der ausgezeichnetester Hochachtung Ihre
treu ergebene
Fannӱ Tarnow.

Seite „102v“

[Karl August Varnhagen]Fanny Tarnow.