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Brief von Amalia Schoppe an Rosa Maria Assing

[Hamburg], 10. August 1836
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 230 Schoppe Amalia, Bl. 150 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Amalia Schoppe
Empfänger/-in
Rosa Maria Assing
Datierung
10. August 1836
Absendeort
Hamburg
Empfangsort
Hamburg
Umfang
1 Blatt
Abmessungen
Breite: 126 mm; Höhe: 205 mm
Foliierung
Foliierung mit Bleistift durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Paweł Zarychta; Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „150r“

150

Assing
Theure Rosa!

Beifolgende Bücher
habe ich für die Kinder

der Madame Mojon zum Geschenke bestimmt,
und bitte Dich, meine Grüße an die Mut-
ter derselben bestellen zu wollen. Schreiben
kann ich nicht, da ich mit den Anstalten
zu meiner Reise beschäftigt bin, die ich
entweder Freitag oder Sonnabend dieser
Woche antrete. Habe die Güte, dies auch
Assing mitzutheilen, damit Er nicht ver-
gebens den Weg zu mir heraus mache.

Mein Befinden war wieder sehr schlecht, seit
wir uns nicht sahen, und kann es nicht
anders sein, da das, was mich krank
machte und macht, von keinem Arzte
der Welt beseitigt werden kann. Ich
sterbe am gebrochenen Mutterherzen.

Dennoch will ich für die Erhaltung meines
Lebens, um meiner Mutter und Alphonsens
willen, Alles thun, was ich nur kann, denn
die Pflicht für sie darf ich nicht beseitigen,
wenn auch gern das nakte, elende,
verkümmerte Leben von mir abgewor-
fen würde.

J. hat eine Stelle – damit hat mein
Geldbeutel gewonnen; aber mein Herz
und meine Ruhe nichts.

Zunächst gehe ich nach Ratzeburg; wohin von
da, weiß ich noch nicht, da ich mich von

Seite „150v“

Laune und Gelegenheit treiben lassen
will. Bei meiner Rükkehr schreibe ich
Dir gleich.

Louise Hellberg hat ihren guten, trefflichen
Sohn an den Tod verloren;
diesen
Schmerz kenne ich
– er ist ein reiner
Schnitt: ich beneide sie, ich, die ich an
einer Eiterbeule dahinsieche!

Heute ist Louise bei mir; gestern
war ich mit der Justizräthin Scholtz
– Du wirst Dich ihrer von meinem Auf-
enthalte in Fehmarn her erinnern –
in Steinbeck; alle Zerstreuungen
helfen aber nichts: wie schaal, wie
voll Eckel liegt Alles vor mir! wie
gleichgültig bin ich gegen das Liebste!

Sei froh, sei heiter, liebe Rosa, und
schlage Dir Deine Amalia ganz aus
dem Sinne, um es sein zu können!

Deine
A.

v. h. Mittwoch Morgens d. 10tn August
1836.