Brief von Amalia Schoppe an Rosa Maria Assing
[Burg auf Fehmarn], Sommer 1815
Seite „80r“
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Assing
Ist es Dir möglich, liebe gute treue Rosa, so schicke nun mein Schattenspiel, um das mich dieKinder
ganz gewaltig quälen, zu Herrn Thode, dessen Adresse ich unten ansetzen will,
nach Altona, mit meiner Adresse wo eine ganz sichere Gelegenheit es mir mitbringt.
Ist es ihr möglich so soll Mad Thode, die Schwägerinn des in Altona wohnenden, Dir
diese Zeilen selbst bringen und Dir von Deiner Amalia erzählen.
Ich schließe Dir eine Erzählung in Versen,
gestern Abend in einem griechischen Schriftsteller diesen Zug fand, hiebei ein; möge
Dir die Art der Darstellung, in der ich mich heute zuerst versuchte, gefallen, denn nur
Dein Lob kann mir genügend sein, weil ich alle Andern, die es schon gewohnt sind
mir zu schmeicheln; als Richter verwerfe.
die ich erst diesen Morgen machte, da ich
gestern Abend in einem griechischen Schriftsteller diesen Zug fand, hiebei ein; möge
Dir die Art der Darstellung, in der ich mich heute zuerst versuchte, gefallen, denn nur
Dein Lob kann mir genügend sein, weil ich alle Andern, die es schon gewohnt sind
mir zu schmeicheln; als Richter verwerfe.
Viel Lieder schreibe ich jetzt, und nie war mein Gemüth so aufgeregt, aber ich bin da-
gen wieder zu träge sie abzuschreiben. In diesem Augenblick arbeite ich an einem
teutschen, unaussprechlich lieblichem Volksmährchen von Grimm
zwei Gesänge fertig sind: ob ich Laune und Talent haben werde es zu vollenden,
steht dahin – Ich fange überhaupt zu viel an, und lasse ich es dann einmal lie-
gen, so entschließe ich mich schwer dazu, es wieder zu ergreifen. Mein Mährchen
kennst Du wohl unter dem Namen der drei Schwäne
Volksmährchen überhaupt nicht? so lies sie doch ja! –
gen wieder zu träge sie abzuschreiben. In diesem Augenblick arbeite ich an einem
teutschen, unaussprechlich lieblichem Volksmährchen von Grimm
erzählt, wovon schon
zwei Gesänge fertig sind: ob ich Laune und Talent haben werde es zu vollenden,
steht dahin – Ich fange überhaupt zu viel an, und lasse ich es dann einmal lie-
gen, so entschließe ich mich schwer dazu, es wieder zu ergreifen. Mein Mährchen
kennst Du wohl unter dem Namen der drei Schwäne
– oder kennst Du die teutschen
Volksmährchen überhaupt nicht? so lies sie doch ja! –
Aber Du, gute Rosa scheinst ganz auf Deinen Lorbeern zu ruhn, oder hältst Du es nur
nicht der Mühe werth, Deine Freundinn mit Deinen Liedern zu erfreun? Weis Gott, selbst
Göthes Lieder haben mir ja kaum so große Freude gemacht als Deine, und Du bist so
karg damit! Was macht unser theurer Assur? Noch neulich hörte ich sein
großes Lob durch meinen Vetter Callisen – doch des hätte es nicht bedurft, um mich
von seiner ausserordentlichen Trefflichkeit zu überzeugen; grüß ihn aufs freundlichste!
Ich wollte ich hätte etwas Zeit, um Dir einige Lieder noch abzuschreiben und mit zu-
schicken, aber ich kann nicht einmal dazu kommen das beigelegte in die gewöhnliche
Form zu bringen; sobald ich Zeit habe, schreibe ich es Dir auf so ein kleines Blättchen,
daß es zu den andern passe. Ich träume jetzt so viel von Dir – sollte mich wohl bald
ein Brief erfreuen? schieb es nicht zu lange auf! Mein Junge ist ein wahrer
Engel! – so klug, so artig, so munter und liebenswürdig und dabei fest und
kerngesund! es ist recht ein viereckiger Bauerjunge, ohngefähr wie der jüngste
Junge Deiner Fannÿ – welche unaussprechliche Freude macht er mir! – –
Chamisso macht eine Reise um die Welt mit Kotzebue? warum mit diesem famö-
sen Namen? ich kann mich nicht damit aussöhnen, obgleich ihn ein Andrer
Leb wohl jetzt, meine süße allerliebste Rosa, und schreibe bald an Deinenicht der Mühe werth, Deine Freundinn mit Deinen Liedern zu erfreun? Weis Gott, selbst
Göthes Lieder haben mir ja kaum so große Freude gemacht als Deine, und Du bist so
karg damit! Was macht unser theurer Assur? Noch neulich hörte ich sein
großes Lob durch meinen Vetter Callisen – doch des hätte es nicht bedurft, um mich
von seiner ausserordentlichen Trefflichkeit zu überzeugen; grüß ihn aufs freundlichste!
Ich wollte ich hätte etwas Zeit, um Dir einige Lieder noch abzuschreiben und mit zu-
schicken, aber ich kann nicht einmal dazu kommen das beigelegte in die gewöhnliche
Form zu bringen; sobald ich Zeit habe, schreibe ich es Dir auf so ein kleines Blättchen,
daß es zu den andern passe. Ich träume jetzt so viel von Dir – sollte mich wohl bald
ein Brief erfreuen? schieb es nicht zu lange auf! Mein Junge ist ein wahrer
Engel! – so klug, so artig, so munter und liebenswürdig und dabei fest und
kerngesund! es ist recht ein viereckiger Bauerjunge, ohngefähr wie der jüngste
Junge Deiner Fannÿ – welche unaussprechliche Freude macht er mir! – –
Chamisso macht eine Reise um die Welt mit Kotzebue? warum mit diesem famö-
sen Namen? ich kann mich nicht damit aussöhnen, obgleich ihn ein Andrer
trägt.
treue Amalia.
Im Sommer 1815.
[Amalia Schoppe]
Adr. Herr Peter Thode
in der großen Elbstraße
zu Altona.
in der großen Elbstraße
zu Altona.
[Amalia Schoppe]
Adr. Herr Peter Thode
große Elbstraße in Altona.
große Elbstraße in Altona.
Seite „80v“
Dem
Fräulein Rosa Maria Varnhagen
Kohlhöfen Nor 91.
zu
d. G.