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Brief von Philippine von Calenberg an Helmina von Chézy

Kassel, 12. Januar [1825]
Biblioteka Jagiellońska Kraków | SV 9 Calenberg Philippine von, 12.01.1825 XML-Datei downloaden
Absender/-in
Philippine Sophie von Calenberg
Empfänger/-in
Helmina von Chézy
Datierung
Calenberg, Philippine von
Absendeort
Kassel
Empfangsort
Wien
Umfang
2 Blätter
Abmessungen
Breite: 116 mm; Höhe: 210 mm
Foliierung
Foliierung durch die Biblioteka Jagiellońska Kraków noch ausstehend.
Herausgeber/-innen
Jadwiga Kita-Huber; Jörg Paulus
Bearbeiter/-innen
Quellenrecherche, Transkription, Auszeichnung nach TEI P5 und Annotation durch Betty Brux-Pinkwart; Korrektur durch Simona Noreik
Bibliographie
Ludwig Stern: Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin: Behrend & Co. 1911.

Seite „1r“

[Karl August Varnhagen]Frln von Calenberg
an Helmina von Chézy.

Caßel am 12 ten Januar.

Gern hätte ich Ihr Briefchen gleich beant-
wortet, liebste Helmina, aber Sie wißen
welche schmerzlich süße Arbeit mich abhielt.
Sie ist vollendet und erscheint vermuthlich
Ende Februar. Ich laße keine Liste
der Unterzeichneten drucken, das ent-
stellt mir mein Buch, ich will nur die
Kosten decken und den Freunden es
billiger verschaffen, da im Buchhandel
der Preis erhöht wird: Daß Sie nicht
bezahlen, versteht sich in jedem Fall.
Hammer ist wohl so lieb das Geld zu
empfangen, wenn Exemplare von mir ver-
langt werden. Ich habe mit dem hiesigen
oesterreichschen Legationssecretair
ein
Arrangement getroffen der dort über
das Geld bestimmt, und mich hier auszahlt
sobald ich weiß wie viel es beträgt.
Ihre Briefe und Gedichte erhalten
Sie nach Ihrem Wunsch mit der Sen-
dung der Exemplare sobald Sie ihre
Zahl bestimmen.

Seite „1v“

Ich wünsche alle diese Versendungen vor
meiner Abreise von hier zu besorgen,
denn im Aprill gehe ich nach meinem Stifft.

Von mir kann ich Ihnen sonst nicht sagen
als das mein Herz und Leben in
zweÿ Hälften getheilt, ist, wovon die
Eine dem Himmel und meinem Freund,
die andere seinen Freunden gehört denen ich mich doppelt nahe fühle.

Möge es Ihnen fortan wohl gehen
in der Kaiserstadt, wohin ich oft
schon meine sehnsüchtigen Blicke
gerichtet habe. Hat Löben
Ihnen geschrieben?
Er lies mich um
Ihren Auffenthalt bitten, und
wollte es, aber er leidet wieder
so sehr daß ich fürchte er habe es
nicht gekonnt!
Unser Verklärter
hat jenen Brief vom Okt: von
Ihnen nicht erhalten.
Ach der 20ste
September nahm ihn uns ja!
Carl Marlsburgs Herz ist schwer ge-
troffen seit einem Jahr! Vater

Seite „2r“

Bruder und Gattin
verlohren, die letzten
schlimmer als Todt: unwürdig! Er
ist verlobt mit einem trefflichen
Mädchen
, die ihm eine hohe Achtung
abzwingt was wahr mehr und haltbarer
ist als R ausch der Leidenschaft.
An seiner erhöhten innigen Bruder-
liebe wovon er mir zahllose Beweise
giebt, sehe ich wie sehr der Geist
unsers Ernst auf ihm ruht. Er
ist jetzt in Holstein beÿ seiner Braut.
Vielleicht ist Ihnen Henriette v.
Heinze
aus Dresden erinnerlich.
Laßen Sie mich bisweilen von Ihrem
Leben erfahren wie von Ihrem Dichten.
Der letzte Band Calderons
der jetzt
unter der Preße ist, wird Ihnen
lieb seÿn. Sie sollen ihn von
mir erhalten in Ernsts Seele –
denn so schalte ich über die 12
Freÿ Ex: welche Brockhaus als
einziges Honorar mir giebt. Sie
sollen rathen an welcher Stelle des

Seite „2v“

zweÿten Stücks, ich allein fortzufahren
gewagt habe, und mir offen sagen
ob der Abstich groß ist?
Auf Ernsts Wunsch habe ich eine Über-
sicht 5 geistlicher Stücke Calederons

schreiben müßen; diese, und die freÿe
Bearbeitung des Fuego de Dios
pp.
möchte ich wohl einmal drucken laßen
jedoch nicht ohne Honorar. Wäre
dazu vielleicht in Wien Gelegenheit?
Gern hätte ich auch alle Jahrgänge
der Aglaja
wegen der schönen Kupfer.
Wißen Sie mir dazu ein Mittel?
vielleicht etwas einzusenden wogegen
Wallishaußer sie gäbe?
Gott schütze Sie und Ihre Söhne

behalten Sie im guten Herzen
Ihre P. C.