Brief von Elise Rächler an Helmina von Chézy
Nordhausen, 2. Januar 1823
Seite „1r“
[Karl August Varnhagen]Elise Rächler geb. Ehrhardt.
Nordhausend: 2ten Jan: 1823
lassen, ohne Ihnen, verehrte theure Freundin!
einige Worte des Herzens in die ungewisse
Ferne zuzurufen! Möchte doch das neue
Jahr auch Ihnen des Guten viel – Gewäh-
nung Ihres edlen menschenliebenden Strebens,
und den Lohn so mancher theuren Aufopferung
bringen! Doch letzteren tragen Sie in eigner
Brust. – Bitteres und Süßes, theuren
Verlust und theuren Gewinn gab mir das
entflohene Jahr, aber recht friedlich und
freundlich, recht ruhig und heiter im Inner-
sten der Seele durfte ich beim Wechsel dem
Scheidenden nachblicken, und mich, dankbar
und vertrauend dem guten Gott, der mir
ihn gab, an die treue Brust des Mannes
schmiegen, der in diesem Jahre mein ward.
Anders noch als sonst, stiller, ausgesöhnter,
gesicherter fühle ich mich im Verhältniß zum
Leben, und klar wie reines Sonnenlicht ists
Ferne zuzurufen! Möchte doch das neue
Jahr auch Ihnen des Guten viel – Gewäh-
nung Ihres edlen menschenliebenden Strebens,
und den Lohn so mancher theuren Aufopferung
bringen! Doch letzteren tragen Sie in eigner
Brust. – Bitteres und Süßes, theuren
Verlust und theuren Gewinn gab mir das
entflohene Jahr, aber recht friedlich und
freundlich, recht ruhig und heiter im Inner-
sten der Seele durfte ich beim Wechsel dem
Scheidenden nachblicken, und mich, dankbar
und vertrauend dem guten Gott, der mir
ihn gab, an die treue Brust des Mannes
schmiegen, der in diesem Jahre mein ward.
Anders noch als sonst, stiller, ausgesöhnter,
gesicherter fühle ich mich im Verhältniß zum
Leben, und klar wie reines Sonnenlicht ists
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mir in der Seele aufgegangen, was Ahnung
und Streben, Beruf und Pflicht des Weibes ist.
Ach einen so guten Mann mein zu nennen, der
mich innig liebt und versteht, der Freude und
Theilnahme hatte an allem, was mich angeht
und beschäftigt, der in stiller Einfachheit mit
reinem Herzen und hellen Geist für Natur
und Kunst Sinn und Liebe hat, weil beide
Gaben und Verherrlichung Gottes sind –
Der sein ganzes Sittengesetz und Moralsÿstem
auf die einfache Wahrheit reducirt: „suche im
Sinne Jesu zu leben, weil er für Dich gestorben
ist“ – ja, Theuerste! einen solchen Mann anzu-
gehören, achte ich für wahres Glück, wogegen
aller äußere Schimmer nichts ist.
und Streben, Beruf und Pflicht des Weibes ist.
Ach einen so guten Mann mein zu nennen, der
mich innig liebt und versteht, der Freude und
Theilnahme hatte an allem, was mich angeht
und beschäftigt, der in stiller Einfachheit mit
reinem Herzen und hellen Geist für Natur
und Kunst Sinn und Liebe hat, weil beide
Gaben und Verherrlichung Gottes sind –
Der sein ganzes Sittengesetz und Moralsÿstem
auf die einfache Wahrheit reducirt: „suche im
Sinne Jesu zu leben, weil er für Dich gestorben
ist“ – ja, Theuerste! einen solchen Mann anzu-
gehören, achte ich für wahres Glück, wogegen
aller äußere Schimmer nichts ist.
Mein Mann hat Freude an den Blüten der Dichtung
und wünscht, daß ich sie ferner pflegen möchte.
So viel dies, ohne Versäumung meines häus-
lichen Berufs geschehen kann, werde ich dies
auch gern thun, sind doch jene Blüten auch eine
freundliche Zierde des häuslichen Lebens.
und wünscht, daß ich sie ferner pflegen möchte.
So viel dies, ohne Versäumung meines häus-
lichen Berufs geschehen kann, werde ich dies
auch gern thun, sind doch jene Blüten auch eine
freundliche Zierde des häuslichen Lebens.
Mit Vergnügen ersah ich in der Cornelia den
Abdruck der Prüfung,
ich Ihnen verdanke. Von dem Verleger habe
ich bereits auch das Honorar empfangen, und
Abdruck der Prüfung,
deren gütige Besorgung
ich Ihnen verdanke. Von dem Verleger habe
ich bereits auch das Honorar empfangen, und
Seite „2r“
zugleich vernommen, daß er für dies nächste Jahr
wieder einen Beitrag wünscht. Sollte das Ma-
nuscript von Edmund und Therese
zurückgekehrt seyn (da es im Frauentaschenbuch
nicht enthalten ist) und Sie glaubten, daß es sich
für die Cornelia
wohl die Güte, es an Engelmann zu befördern,
und mir darüber möglichst bald Auskunft zu
geben. Zugleich versagen Sie mir wohl die Bitte
nicht, um ein Urtheil über die Harfe,
Meinung, auf welche Weise sie am besten zum
Druck zu fördern sey?
Ich weiß nicht, wo diese Zeilen Sie antrefenwieder einen Beitrag wünscht. Sollte das Ma-
nuscript von Edmund und Therese
in Ihre Hände
zurückgekehrt seyn (da es im Frauentaschenbuch
nicht enthalten ist) und Sie glaubten, daß es sich
für die Cornelia
eignen möchte, so hätten Sie
wohl die Güte, es an Engelmann zu befördern,
und mir darüber möglichst bald Auskunft zu
geben. Zugleich versagen Sie mir wohl die Bitte
nicht, um ein Urtheil über die Harfe,
und Ihre
Meinung, auf welche Weise sie am besten zum
Druck zu fördern sey?
werden? ob an den Ufern der Elbe oder
der Spree? – Nun da oder dort – es müsse
der Friede aus der Höhe in dem Herzen der
edlen frommen Sängerin ruhen und ihr den
reinen innern Himmel schaffen, auf der trüben
sturmbewegten Erde.
Gedenken Sie in Liebe
Ihrer
Elise Rächler
gebo. Ehrhardt
Seite „2v“
Ihro Hochwohlgeborne
Frau Helmina von Chezÿ
gebo. von Klenke